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EINLEITUNG 27
und seiner großen Verantwortung entsprechen.“15 Dass die Ausschreibung
vakanter Posten aber durchaus üblich war, demonstriert eine Anmerkung
Erzherzog Franz Karls anlässlich der Einstellung des Vorstandsadjunk-
ten Josef Waelty 1867 auf Basis einer Empfehlung, wenn er meint: „Besitzt
Dr. Waelti jene vorzüglichen Eigenschaften, und wissentliche Bildung, wel-
che ihm Graf Crenneville bezeugt, so dürfte wohl die sonst zweckdienliche
Ausschreibung des zu kreirenden Postens und die dadurch ermöglichte Aus-
wahl unter mehreren Kompetenten gänzlich überflüssig sein“.16
1.2 Das Testament Franz’ I.
Das Schlüsseldokument für das Bibliotheksfideikommiss – und wie wir se-
hen werden auch noch für andere relevante Nebenaspekte – ist das Testa-
ment Franz’ I., dass nur einen Tag vor seinem Tod unterfertigt wurde. Man
könnte es als einen Abgesang auf das pedantisch-paternalistische Leben
des körperlich bereits schwer kranken doch geistig noch regen Kaisers be-
zeichnen. Während die üblichen, beinahe floskelhaften Bestimmungen zu
den Begräbnisfeierlichkeiten, Seelenmessen und frommen Geldwidmungen
auch von anderen Testamenten aus dem Umkreis des Monarchen bekannt
sind, so spiegeln die Anordnungen, wem der Monarch welches Andenken aus
seinem Besitz oder welche Auszeichnung zudachte, das soziale Umfeld des
alten Kaisers einigermaßen wider. Der fortgeschrittene Krankheitsverlauf
konterkarierte jedoch wahrscheinlich die Ausführung der meisten im Testa-
ment angekündigten Verzeichnisse von zu Beteilenden.
„Unter Anrufung des göttlichen Beistandes erkläre Ich bei voller Besinnung,
und nach reifer Uiberlegung Meinen letzten Willen, wie folgt:
1. Meine Seele empfehle ich der unendlichen Barmherzigkeit des Allmächti-
gen. Die Begräbnißfeierlichkeit, so wie die Lesung heiliger Messen zu mei-
nem Seelenheile soll nach dem eingeführten Hofgebrauche stattfinden.
2. Mit Rücksicht auf diese Uibung und auf das, was Meine Vorfahren zu sol-
chen Zwecken anordneten, überlasse ich dem wohlthätigen Sinne Meiner
Erben die Bestimmung jener Beträge, welche als Almosen und zu frommen
Instituten gegeben werden sollen.
3. Meiner Gemahlin, die in Freude und Leiden Meine treue Gefährtin war,
und nur für meine Erhaltung lebte, vermache ich meinen gesammten Ge-
15 FKBA26129, fol. 3v–4r; vgl. auch Huber-Frischeis/Knieling/Valenta, Privatbibliothek, 118,
Anm. 464.
16 Wien, ÖStA, HHStA, Kabinettskanzlei, Direktionsakten, Kt. 6, 9–1871, Schreiben vom
16.01.1867.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken