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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN72
die k. k. Hof- und die Universitätsbibliothek zur Benützung offen, „allein da
die Künstler und Kunstschüler gerade jene Tagesstunden, in denen die[se]
Bibliotheken geöffnet sind, zu ihren Arbeiten benützen müssen, so können
sie nur selten von diesen Bibliotheken Gebrauch machen, und es erscheint
demnach eine gut eingerichtete Bibliothek für die Akademie der bildenden
Künste als ein wahres Bedürfniß“.156 Schlussendlich werden auch die verei-
nigte Hofkanzlei sowie die Studienhofkommission – beiden Hofstellen stand
Mittrowsky vor – als zu beteilende Stellen genannt. Auf Grundlage des Ge-
samtverzeichnisses der Dubletten hatte die Hofkanzlei Listen für jede ein-
zelne Institution mit den für sie bestimmten Werken angelegt und Khloyber
zur Ausfolgung überreicht.157 An diesen Zusammenstellungen wurden in der
Folge noch Streichungen von Seiten der Privatbibliothek vorgenommen, da
die nicht verschenkbaren Dubletten (Geschenke an den Kaiser, Nachlass
Maria Ludovika, eigenhändige Notizen) der Hofkanzlei nicht angezeigt wor-
den waren. Sieht man von einigen wenigen Blättern und Plänen ab, die die
bereits angeführten Universitäts- oder Landesbibliotheken erhielten, gingen
die Dubletten unter den Kupferstichen, Lithografien, Landkarten, Galerie-
werken, Ansichtenserien etc. beinahe zur Gänze an die Akademie, was nicht
zuletzt auf das Betreiben Fürst Metternichs als deren Kurator zurückzufüh-
ren ist.158 Die Versendung der Werke erfolgt schließlich im Frühjahr 1837
durch die Hofkanzlei. Das von Mittrowsky ins Feld geführte Argument der
Bedürftigkeit beiseite lassend, ist die geografische Verteilung der beschenk-
ten Einrichtungen relativ einseitig, nicht zuletzt durch den Austausch von
Lemberg zugunsten von Linz. Das Zentrum wird berücksichtigt, die eher
an der Peripherie der Habsburgermonarchie liegenden Kronländer, unter
denen sich einige der reichsten (die italienischen Provinzen Lombardei und
Venedig) aber auch der ärmsten befinden (das große Ungarn mit seinen Ne-
benländern Siebenbürgen, Kroatien und Slavonien, sowie Galizien und die
Bukowina), gehen leer aus.
Ob die Akademie der bildenden Künste tatsächlich so miserabel ausgestattet
war, wie der Bericht des Obersten Kanzlers Graf Mittrowsky es nahelegt,
oder ob man dies bloß unterstellte; zweifelsohne hatte deren Leitung das Po-
tential der kaiserlichen Privatsammlungen für die Vergrößerung der eigenen
Bestände erkannt, wusste Fürst Metternich durch sein Naheverhältnis zu
Kaiser Franz I. doch gewiss von den reichhaltigen Beständen. Bereits im
März 1840 ergeht deshalb durch Sekretär Ludwig von Remy eine offizielle
156 Ebenda.
157 Die Listen liegen unter FKBA21051.
158 Verzeichnis ebenfalls unter FKBA21051.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken