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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN140
Pensionen und Provisionen für den ganzen Hofstaat gefordert, „um bei den
Entfernungen Ihrer Diener in keine langen Erörterungen verwickelt zu wer-
den“. Man behalte sich zudem das Recht vor, Personal nach Belieben auf-
zunehmen und zu entlassen. Das Kaiserpaar wünsche daher eine angemes-
sene Summe zur Finanzierung des Hofstaats zu erhalten.483 Im Zuge einer
Trennung sei den ferdinandeischen Bediensteten einmalig freizustellen, ob
sie dem abgedankten Kaiser folgen oder im Hofstaat Franz Josephs verblei-
ben möchten. Für die Folgezeit wären sie an diesen Entschluss allerdings
gebunden. Der Brandis’sche Forderungskatalog berücksichtigt auch die Be-
nützung von Möbeln, Wäsche, Tafelgeschirr, Porzellan und Küchengeräten
an jenen Orten, an denen sich das Kaiserpaar aufhalten werde – man be-
denke, dass zu diesem Zeitpunkt eine stabile Residenz ja noch nicht auserko-
ren worden ist. Den nach der Thronentsagung mitgenommenen „Hausrat“,
einschließlich der Wägen und Pferde, wünsche das Kaiserpaar auch künftig
zu behalten.484 Schlussendlich hält Brandis fest, dass Ferdinand als „gewe-
sener Landesfürst“ das „unbestreitbare Recht“ zustehe, eine Dotation vom
Staat zu fordern und darüber hinaus „ein dem Staate gehöriges Gebäude
zu seinem zeitweisen oder bleibenden Aufenthalte zu wählen“. Man sei seit
der Thronentsagung zur Überzeugung gelangt, dass eine Nicht-Trennung
der beiden Hofstaaten zu „vielen unangenehmen Berührungen und lästigen
Schreiberein“ führen würde.485
Die Forderungen scheinen kühn. Fürst Liechtenstein verleiht in seiner
Stellungnahme an Franz Joseph seiner festen Überzeugung Ausdruck,
dass Ferdinand die in der Rede stehenden Adaptierungen und Neubauten
(Vergrößerung des Schlossgartens, Anlage von Glashäusern) auf der Pra-
ger Burg aus der ihm zu bewilligenden Dotation zu bestreiten beabsichtige
und sie deswegen in die Höhe treibe. Die Dotation wiederum hänge mit der
Hofstaatstrennung in direktem Zusammenhang und solange diese nicht
entschieden sei, könnten somit auch die Baumaßnahmen nicht ausgeführt
werden. Die Instandhaltung der Burg wiederum, da sie ja jederzeit für Mit-
glieder der kaiserlichen Familie zur Verfügung stehe, falle in den Zustän-
digkeitsbereich des dortigen Hofbauamtes, welches seine Finanzmittel ja
vom Staat erhalte. Dieses habe bereits im Vorjahr die gewünschten „Ein-
theilungen und Zurichtungen“ im Einvernehmen mit Graf Brandis „für den
Bedarf eines bleibenden Aufenthalts“ ausgeführt, weshalb neuerliche Ände-
rungswünsche – sollte ihre Bezahlung dem Staat zufallen – abzulehnen wä-
483 Zur Ermittlung der Dotation vgl. auch Anm. 497.
484 Zu den zu übernehmenden Pferden, Wagen und Pferdegeschirr siehe Prag, Narodni Archiv,
hofmistra cisare Ferdinanda I., Rubr. 10, Kt. 10.
485 Wien, ÖStA, HHStA, OMeA, Kt. 594, Rubr. 130/1, Schreiben vom 10.12.1849.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken