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DIE PRIVATBIBLIOTHEK FERDINANDS IN PRAG 1850–1875 149
in dem auch sein Billardtisch aufgestellt ist, auf Kosten des Hofärars geneh-
migt.503
4.2 Wichtige Personen um Ferdinand
Die angebliche Unfähigkeit, die Regenschaft selbst auszuüben, verleitet bei
der Interpretation von Ferdinands Anweisungen und Befehlen sehr häufig
zu der Frage, wie groß respektive maßgeblich der persönliche Beitrag des
Kaisers an den in seinem Namen verlautbarten Entscheidungen war – oder
anders formuliert, inwieweit der gewiss mit einigen Defiziten belastete Mo-
narch von seinen Beratern und Beamten beeinflusst war. Die vorliegende
Arbeit hat zwar nicht den primären Zweck, dieser Frage explizit nachzuge-
hen, sie erbringt aber zumindest jene Leistung, diese spannende Problema-
tik dort zu reflektieren, wo das verwendete Quellenmaterial dies ermöglicht.
Am deutlichsten lässt sich das Agieren der maßgeblichen Beamten, die in
der Folge nun vorgestellt werden, bei den Themen Personal und Finanzen
herausarbeiten (vgl. Abschnitt 5.10. u. 5.11).
4.2.1 Nikolaus (Gregor) Negrelli
Nikolaus (Nicola, Niccolò) Negrelli ist aufgrund seiner Funktion als Biblio-
thekar Ferdinands in Prag von besonderer Bedeutung. Er wurde am 25. Mai
1801 in Fiera di Primiero (Trient) geboren. Sein Vater Angelo Michele Ne-
grelli – Bürgermeister des Ortes, Vater von zehn Kindern und für einige
Jahre Vorsteher des Bezirksamts in Mori – wurde zusammen mit seiner
Tochter Gioseffa Franca (Giuseppina) durch die Teilnahme am Tiroler Frei-
heitskampf bekannt. Ein weiterer Sohn der Familie, Luigi (Alois Negrelli),
gilt als Spezialist für Eisenbahnbau und Urheber der Pläne für den Suez-
kanal. In den wenigen Personalunterlagen zu seiner Person, wird der 1824
zum Priester geweihte Nikolaus Negrelli als emeritierter k. k. Professor (für
italienische Sprache)504 der Orientalischen Akademie im Wiener Theres-
ianum (k. k. Akademie für Orientalische Sprachen, die spätere Konsular-
akademie) genannt. Kramp führt ihn um das Jahr 1848 als Hofkaplan an,
obwohl er in den offiziellen Hofschematismen nicht einmal als Titular-Hof-
kaplan aufscheint. Die zweite, ihm zugeschriebene Funktion, als vermut-
lich informeller (Privat-)Sekretär der Kaiserin Maria Anna, passt sehr gut
503 Ebenda, Bericht des Kanzleidirektors des Wiener Obersthofmeisteramtes, Philipp Draex-
ler, vom 26.07.1855.
504 Erlach, Akademie, 43.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken