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DIE FIDEIKOMMISSBIBLIOTHEK UND DIE PRIVATBIBLIOTHEK FRANZ JOSEPHS 191
nisten zu bewilligen [fol. 3v] so ist dazu ein Zeitraum von ein Paar Jahren
erforderlich.
Um jedoch kürzer zum Ziel zu gelangen, wüßte ich nur ein einziges Aus-
kunftsmittel. Unsere Kataloge sind bisher nicht etwa nach flüchtiger Buch-
händlerart eingerichtet; sondern nach bibliothekarischen Regeln ist hier jedes
Buch mit seinen Merkmahlen und Eigenthümlichkeiten eingetragen. Genügt
einem hohen Ministerium zu seinem Zwecke nur eine allerkürzeste Andeu-
tung des betreffenden Gegenstandes, wie etwa bloß ein Schlagwort … samt
Jahreszahl und Format, versehen mit der fortlaufenden Nummer; so geht dieß
noch am schnellsten und für die juridischen Zwecke genügend, indem ein sol-
cher Zettel die Haupt Charakterisik jedes Buches in neu enthält.
Ich lege zu diesem Behufe ein dergleichen in losen Zettel – die aber nachher
fest gebunden werden können – angefertigtes kleines specimen; welches aber
allein 7 Tage nebst gehöriger Revidirung erforderte mit der Bemerkung vor,
daß in Allem über 120000 derlei Zettel, [fol. 4r] welche eine Art von Duplicat
des Hauptkataloges vorstellen; erforderlich sein würden.
Ich fahre in dieser Arbeit noch immer fort; bitte mir aber nun Individuen
zuzutheilen, mit deren Hülfe die Sache aber dennoch wie gesagt einen Zeit-
raum von ein Paar Jahren erfordert, und doch kürzer ist, als wenn unsere
trefflichen Kataloge ad litteram copirt werden sollten.
Wien, den 7ten September 1849 Khloyber“630
Nach einem in den Akten des Öfteren zu findenden, mit viel Eigenlob ge-
tränkten Passus über das Vertrauensverhältnis, das Kaiser Franz zu seinem
Bibliothekar in seinen letzten Lebensjahren gepflegt hatte und mit dem der
Khloyber’sche Geltungsdrang wohl einigermaßen befriedigt werden konnte,
wird die Schuld an den momentanen Zuständen implizit Kaiser Ferdinand
zugesprochen, dem eine geordnete, korrekte Übergabe und Amtseinführung
nach seiner Thronbesteigung augenscheinlich kein Anliegen war. Ohne Re-
vision, die allerdings aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens in den ver-
gangenen Jahren ohnehin nicht hätte bewerkstelligt werden können, möchte
Khloyber allerdings keinen der Kataloge nur abschreiben, da er durch die
Erstellung eines solchen Verzeichnisses ja gewissermaßen eine Garantie
abgeben würde, dass die damit zum Fideikommiss gehörenden Druckwerke
und Grafiken sich auch tatsächlich im Bestand vorfinden. Er könnte als Bib-
liotheksvorsteher für fehlende Objekte ja zur Rechenschaft gezogen werden.
So energisch man von Seiten des Ministeriums des kaiserlichen Hauses
und des Äußeren noch Anfang September 1849 die Einlösung der Bring-
630 FKBA26005, fol. 1r–4r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken