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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN214
tungswechsel werden im Abschnitt über die Personalangelegenheiten aus-
führlich geschildert.697
5.6.1 Zur Person Beckers
Moritz Alois von Becker wird am 21. Mai 1812 in Mährisch Altstadt (Staré
Město pod Sněžníkem) in eine Lehrer-Dynastie hineingeboren, die als pro-
minentestes Familienmitglied mit Johann Tobias Becker (1649–1710) von
1702 bis 1710 den Bischof von Königgrätz stellte. Becker besuchte aufgrund
seiner ausgezeichneten schulischen Leistungen mithilfe eines kaiserlichen
Stipendiums das Gymnasium in Troppau und inskribierte 1828 an der Uni-
versität Wien mit den Schwerpunkten Philosophie und Pädagogik, besuchte
aber auch Vorlesungen zu Diplomatik, Heraldik und Naturgeschichte. Nach
seinem Studienabschluss 1832 ist er 1838 als Schulgehilfe in Prigglitz bei
Gloggnitz im südlichen Niederösterreich nachweisbar. Gleichzeitig verdient
er ein Zubrot als Hauslehrer. Im selben Jahr heiratet er Antonia Leitgeb, die
Tochter eines Gipswerkbesitzers, die ihm in der Folge neun Kinder schenken
wird. Sein Schwiegervater macht ihn vorübergehend sogar zum Geschäfts-
führer der “Schottwiener Gypsniederlage“ in Wien. Vermutlich durch Emp-
fehlung erhält er 1841 eine (provisorische) Anstellung als Lehrer der Kin-
der der Fürstenfamilie Liechtenstein. Sein pädagogisches Talent eröffnet
ihm auch Türen zu anderen Adelsfamilien, so wird eine seiner Schülerin-
nen etwa Metternichs Enkelin Pauline Metternich-Sándor. 1842 führt ihn
eine vom Fürsten Liechtenstein (wohl Alois II. 1796–1858) unternommene
Reise als Teil von dessen Entourage in viele deutsche Städte und schließ-
lich über Calais sogar nach London. Nach seiner Rückkehr tritt er in ein
festes Dienstverhältnis als Erzieher im Hause Liechtenstein, obwohl er Aus-
sicht auf einen vergleichbaren Posten bei Erzherzog Johann gehabt haben
soll. Die mäßig bezahlte Stelle hat er vierzehn Jahre lang inne. Finanziell
einigermaßen abgesichert sucht er bei Fürst Metternich um die Erlaubnis
an, ein Lehrbuch für die deutsche Sprache verfassen zu dürfen. Außerdem
bewirbt er sich um den Lehrauftrag „über Unterrichtskunst“ an der Uni-
versität Wien und arbeitet Reformvorschläge für das Volksschulwesen aus.
Die Märzrevolution 1848 erlebt er in Wien hautnah mit. Seine Eindrücke
und persönlichen Ansichten hält er ausführlich in seinem Tagebuch fest.
1850 wird er zum provisorischen Inspektor der Volks- und Realschulen für
Niederösterreich (samt Wien) ernannt. Die zahlreichen Visitationsreisen
konfrontieren ihn nicht nur mit dem bedauernswerten Zustand des Schul-
wesens, sondern erwecken in ihm auch das Interesse für die Landeskunde.
697 Vgl. Abschnitt 5.11.2.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken