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DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN350
an Ferdinand zeugt beinahe mit jeder Zeile von seinen sozialen und fach-
lichen Qualifikationen für das Leitungsamt.1128 Mit der Neubesetzung der
Stelle des ersten Bibliotheksdieners wird nun auch die Gehaltsregulierung
vom 17. Juni 1869 gültig, womit Mignot ein jährliches Gehalt von nur mehr
630 fl. ö.W. erhält. Das Holzdeputat bleibt ihm allerdings erhalten und an-
statt der bereits Wich gekündigten Naturalwohnung darf er seine bisherige
Quartierzulage von 126 fl. weiterhin beziehen. Zörner übernimmt nicht nur
Mignots ehemalige Bezüge,1129 seine familiäre Situation – er ist ledig – lässt
es auch zu, dass ihm von der Burghauptmannschaft auf Befehl des Oberst-
hofmeisteramtes „die Wohnung No. 10 im 3. Stocke des neuen Reichskanz-
lei-Traktes in der Hofburg, bestehend aus Zimmer und Küche“ zugewiesen
wird. Man weist jedoch explizit darauf hin, „daß diese Wohnung nur für ei-
nen ledigen Diener geeignet ist, daß eine Familie daselbst nicht wohnen darf
und für einen verheirateten Diener in der Hofburg keine Wohnung verfügbar
ist.“1130 Damit wohnt ein Bibliotheksdiener zumindest wieder in der Nähe
der Bibliothek. Dieser Umstand veranlasst das Obersthofmeisteramt dazu,
Zörner in die Brandmeldestrategie der Hofburg zu integrieren, damit die-
ser bei Ausbruch eines nächtlichen Feuers „in den Stand gesetzt werde, jene
weiteren Meldungen zu erstatten, welche erforderlich sind, daß die Biblio-
thek-Lokalitäten behufs der zu treffenden Vorsichts- oder Rettungsmaßre-
geln unter der gehörigen Aufsicht so schnell als möglich zugänglich gemacht
werden“.1131
Im Juni 1870 begeht der zweite Skriptor Josef Winkler das vermutlich
schon damals seltene 50-jährige Dienstjubiläum, in dessen Zuge ihm, wie
zuvor Georg Thaa, das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens verliehen wird.
In der befürwortenden Stellungnahme umreißt Becker Winklers Arbeitsbe-
reich. Ihm sei „die Besorgung der Kunstsammlung, der Porträtensammlung
und theilweise auch der Privatbibliothek Seiner Majestät des Kaisers [Franz
Joseph] zugewiesen“. Dabei habe er „die Ordnung, Eintheilung und Cata-
logisierung der Porträtensammlung, welche derzeit gegen 190.000 Porträte
zählt, und wo es bei jedem einzelnen Porträt darauf ankam, eine biogra-
phische Skizze desjenigen, den es vorstellt, zu eruieren, den Zeichner und
Kupferstecher oder Holzschneider, der es hervorgebracht, zu bestimmen, bei
der Wahl zwischen mehreren die reinern Stiche und Drucke herauszufinden
und bei Ankäufen den Wert des Objectes nach kunstgeschichtlichen Prin-
cipien zu beurtheilen“. Er leiste seinen Dienst „trotz seines hohen Alters,
1128 FKBA26148, Reinschrift vom 08.02.1870.
1129 Ebenda, fol. 8v–9r.
1130 FKBA26149.
1131 FKBA27015.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Titel
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Untertitel
- Metamorphosen einer Sammlung
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 1073
- Kategorien
- Geschichte Chroniken