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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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wirklich musikalische Menschen auszudehnen, über die ich zufällig keine Erfahrung habe. Bei solchen mag der musikalische Gehalt der Melodie für ihr Auftauchen maßgebend sein. Häufiger ist gewiß der erstere Fall. So weiß ich von einem jungen Manne, der von der allerdings reizenden Melodie des Parisliedes aus der Schönen Helena eine Zeitlang geradezu verfolgt wurde, bis ihn die Analyse auf die derzeitige Konkurrenz einer »Ida« mit einer »Helene« in seinem Interesse aufmerksam machte. Wenn also die ganz frei auftauchenden Einfälle in solcher Weise bedingt und in einen bestimmten Zusammenhang eingeordnet sind, so werden wir wohl mit Recht schließen, daß Einfälle mit einer einzigen Gebundenheit, der an eine Ausgangsvorstellung, nicht minder bedingt sein können. Die Untersuchung zeigt wirklich, daß sie außer der Gebundenheit, die wir ihnen durch die Ausgangsvorstellung mitgegeben haben, eine zweite Abhängigkeit von affektmächtigen Gedanken- und Interessenkreisen, Komplexen, erkennen lassen, deren Mitwirkung im Moment nicht bekannt, also unbewußt ist. Einfälle von solcher Gebundenheit sind Gegenstand sehr lehrreicher experimenteller Untersuchungen gewesen, die in der Geschichte der Psychoanalyse eine bemerkenswerte Rolle gespielt haben. Die Wundtsche Schule hatte das sogenannte Assoziationsexperiment angegeben, bei welchem der Versuchsperson der Auftrag erteilt wird, auf ein ihr zugerufenes Reizwort möglichst rasch mit einer beliebigen Reaktion zu antworten. Man kann dann das Intervall studieren, das zwischen Reiz und Reaktion verläuft, die Natur der als Reaktion gegebenen Antwort, den etwaigen Irrtum bei einer späteren Wiederholung desselben Versuches und ähnliches. Die Züricher Schule unter der Führung von Bleuler und Jung hat die Erklärung der beim Assoziationsexperiment erfolgenden Reaktionen gegeben, indem sie die Versuchsperson aufforderte, die von ihr erhaltenen Reaktionen durch nachträgliche Assoziationen zu erläutern, wenn sie etwas Auffälliges an sich trugen. Es stellte sich dann heraus, daß diese auffälligen Reaktionen in der schärfsten Weise durch die Komplexe der Versuchsperson determiniert waren. Bleuler und Jung hatten damit die erste Brücke von der Experimentalpsychologie zur Psychoanalyse geschlagen. In solcher Weise belehrt, werden Sie sagen können: Wir anerkennen jetzt, daß freie Einfälle determiniert sind, nicht willkürlich, wie wir geglaubt haben. Wir geben dies auch für die Einfälle zu den Elementen des Traumes zu. Aber das ist es ja nicht, worauf es uns ankommt. Sie behaupten ja, daß der Einfall zum Traumelement durch den uns nicht bekannten psychischen Hintergrund eben dieses Elements determiniert sein wird. Das scheint uns nicht erwiesen. Wir erwarten schon, daß sich der Einfall zum Traumelement durch einen der Komplexe des Träumers bestimmt zeigen wird, aber was nützt uns das? Das führt uns nicht zum Verständnis des Traumes, sondern wie das Assoziationsexperiment zur Kenntnis dieser sogenannten Komplexe. Was haben diese aber mit dem Traum zu tun? Sie haben recht, aber Sie übersehen ein Moment. Übrigens gerade jenes, wegen dessen ich das Assoziationsexperiment nicht zum Ausgangspunkt für diese Darstellung gewählt habe. Bei diesem Experiment wird die eine Determinante der Reaktion, nämlich das Reizwort, von uns willkürlich gewählt. Die Reaktion ist dann eine Vermittlung zwischen diesem Reizwort und dem eben geweckten Komplex der Versuchsperson. Beim Traum ist das Reizwort ersetzt durch etwas, was selbst aus dem Seelenleben des Träumers, aus ihm unbekannten Quellen, stammt, also sehr leicht selbst ein »Komplexabkömmling« sein könnte. Es ist darum die Erwartung nicht gerade phantastisch, daß auch die an die Traumelemente angeknüpften weiteren Einfälle durch keinen 65
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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