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Schriften von Sigmund Freud - (1856–1939)
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entstellter Ersatz ist: »Es war doch ein Unsinn von mir, mich mit der Heirat so zu beeilen! An dem Beispiel der Elise sehe ich, daß ich auch noch später einen Mann bekommen hätte.« (Die Übereilung dargestellt durch ihr Benehmen beim Kartenkauf und das der Schwägerin beim Schmuckeinkauf. Für das Heiraten tritt als Ersatz das Ins-Theater-Gehen ein.) Das wäre der Hauptgedanke; vielleicht können wir fortsetzen, obwohl mit geringerer Sicherheit, weil die Analyse an diesen Stellen auf Äußerungen der Träumerin nicht hätte verzichten sollen: »Und einen 100mal besseren hätte ich für das Geld bekommen!« (150 fl. ist 100mal mehr als 1 fl. 50.) Wenn wir für das Geld die Mitgift einsetzen dürften, so hieße es, daß man sich den Mann durch die Mitgift erkauft; sowohl der Schmuck wie auch die schlechten Karten stünden an Stelle des Mannes. Noch erwünschter wäre es, wenn gerade das Element »3 Karten« etwas mit einem Mann zu tun hätte. Aber soweit reicht unser Verständnis noch nicht. Wir haben nur erraten, der Traum drückt die Geringschätzung ihres eigenen Mannes und das Bedauern, so früh geheiratet zu haben, aus. Mein Urteil ist, daß wir von dem Ergebnis dieser ersten Traumdeutung mehr überrascht und verwirrt als befriedigt sein werden. Zuviel auf einmal dringt da auf uns ein, mehr, als wir jetzt schon bewältigen können. Wir merken schon, daß wir die Lehren dieser Traumdeutung nicht erschöpfen werden. Beeilen wir uns herauszugreifen, was wir als gesicherte neue Einsicht erkennen. Erstens: Es ist merkwürdig, in den latenten Gedanken fällt der Hauptakzent auf das Element der Voreiligkeit; im manifesten Traum ist gerade davon nichts zu finden. Ohne die Analyse hätten wir keine Ahnung haben können, daß dieses Moment irgendeine Rolle spielt. Es scheint also möglich, daß gerade die Hauptsache, das Zentrale der unbewußten Gedanken, im manifesten Traum ausbleibt. Dadurch muß der Eindruck des ganzen Traumes gründlich verwandelt werden. Zweitens: Im Traum findet sich eine unsinnige Zusammenstellung, 3 für 1 fl. 50; in den Traumgedanken erraten wir den Satz: Es war ein Unsinn (so früh zu heiraten). Kann man es abweisen, daß dieser Gedanke »es war ein Unsinn« gerade durch die Aufnahme eines absurden Elements in den manifesten Traum dargestellt wird? Drittens: Ein vergleichender Blick lehrt, daß die Beziehung zwischen manifesten und latenten Elementen keine einfache ist, keinesfalls von der Art, daß immer ein manifestes Element ein latentes ersetzt. Es muß vielmehr eine Massenbeziehung zwischen beiden Lagern sein, innerhalb deren ein manifestes Element mehrere latente vertreten oder ein latentes durch mehrere manifeste ersetzt sein kann. Was den Sinn des Traumes und das Verhalten der Träumerin zu ihm betrifft, wäre gleichfalls viel Überraschendes zu sagen. Sie anerkennt wohl die Deutung, aber sie wundert sich über sie. Sie hat nicht gewußt, daß sie ihren Mann so geringschätzt; sie weiß auch nicht, warum sie ihn so geringschätzen sollte. Daran ist also noch vieles unverständlich. Ich glaube wirklich, wir sind noch nicht für eine Traumdeutung ausgerüstet und müssen uns erst weitere Unterweisung und Vorbereitung holen. [◀ ] 74
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Schriften von Sigmund Freud (1856–1939)
Titel
Schriften von Sigmund Freud
Untertitel
(1856–1939)
Autor
Sigmund Freud
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
21.6 x 28.0 cm
Seiten
2789
Schlagwörter
Psychoanalyse, Traumdeutung, Sexualität, Angst, Hysterie, Paranoia, Neurologie, Medizin
Kategorien
Geisteswissenschaften
Medizin
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