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Friedensgutachten 2020 - Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
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ERFOLGE UND ÜBERGANGSPROBLEME VON ANTI-REGIME-PROTESTEN Die große Mobilisierung birgt Vorteile und Herausforderungen für Anti-Regime-Pro- teste. Vielen der gegenwärtigen Protestbewegungen ist es gelungen, etablierten Herrschaftseliten beachtliche Zugeständnisse abzuringen, die ohne eine Massenmo- bilisierung nur schwer erreicht worden wären. In Algerien und im Sudan sahen sich militärische Führungszirkel angesichts anhaltender Massendemonstrationen veran- lasst, autokratischen Langzeitpräsidenten das Vertrauen zu entziehen. In Bolivien zwangen breite Proteste, die auf die höchst umstrittene erste Runde der Präsident- schaftswahlen folgten, den langjährigen Staatschef Evo Morales dazu, zunächst eine Überprüfung der Wahlen durch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu- zulassen und dann Neuwahlen auszurufen. Der vorzeitige Rücktritt des demokratisch gewählten Präsidenten, der auf den Seitenwechsel von Polizei und Militär reagierte, hatte dann allerdings putschähnliche Züge. Im Irak hat die sogenannte „Oktoberre- volution“ 2019 den Rücktritt des von weiten Bevölkerungsteilen als reformunfähig wahrgenommenen Ministerpräsidenten Adel Abdul Mahdi herbeigeführt. Derartige Erfolge beruhen in erster Linie auf der breiten und andauernden Mobilisierung der Bevölkerung und auf der Schwäche der Machtarithmetik der Herrscher. Während die aktuelle Protestwelle durchaus kurzfristige Erfolge verzeichnen konnte, stellt sich die Frage, inwieweit sie nachhaltige Transformationsprozesse in Richtung Demokratie und soziale Gerechtigkeit einzuleiten vermag. Ein wesentliches Hindernis stellt in diesem Zusammenhang die häufig zu beobachtende Beharrlichkeit autoritärer Macht- strukturen dar. Im Fall von Anti-Regime-Protesten spricht bei der Konfliktbearbeitung viel für inklusive Lösungen. So zeigt die Forschung, dass erfolgreiche Demokratisierungs- prozesse in der Regel auf Aushandlungen basieren, an denen Vertreter und Stützen des autoritären Regimes beteiligt sind. Dies führt zwar systematisch dazu, dass sich alte politische und wirtschaftliche Eliten auch über den Regimewandel hinaus Privilegien, Pfründe und Garantien sichern. Werden sie allerdings vollständig ausgeschlossen, steigt das Risiko, dass sie sich offen gegen die im Entstehen begriffene Demokratie wenden. Dies gilt umso mehr, wenn das alte Regime in der Gesellschaft auf breitere Unterstützung zählen kann, etwa auf eine bestimmte ethnische Gruppe oder soziale Schicht. Von besonderer Bedeutung ist Inklusivität dann, wenn sich Anti-Regime-Proteste gegen eine demokratisch legitimierte Regierung durchsetzen. In Bolivien führte der er- zwungene Rücktritt von Präsident Morales wiederum zu Protesten, nun vonseiten der Inklusive Konflikt- lösungen sind für langfristige Stabilität unabdingbar 2 82 2020 / Protestbewegungen, politische Umbrüche und Gewaltrisiken / NACHHALTIGER FRIEDEN
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Friedensgutachten 2020 Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
Titel
Friedensgutachten 2020
Untertitel
Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa
Verlag
transcript Verlag
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-5381-0
Abmessungen
21.0 x 28.5 cm
Seiten
162
Schlagwörter
Frieden, Bewaffnete Konflikte, Sicherheit, Internationale Politik, Entwicklungszusammenarbeit, Krieg, Gewalt, Politik, Konfliktforschung, Globalisierung, Politikwissenschaft
Kategorie
Recht und Politik
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