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Frühe Brücken
zusätzliche Uferbefestigung, die deutlich weiter nach
Süden reicht (Hohmann und Vogrin 1982:60) im Rah-
men eines UNESCO-Projektes errichtet. Auch infolge
der Schutzmaßnahmen im 20. Jh. werden leider wohl
kaum noch Fundamentreste des vermuteten Gebäudes,
an dem die angenommene Hängebrücke von Copan
einst auf der Ostseite hing, noch nachzuweisen sein.
Wahrscheinlich lag ihr westlicher Antritt unmittelbar süd-
lich von Bauwerk STR10L-18 an der Südostecke der
Akropolis. Hier hätte die Brücke unmittelbar südlich
des Tores zum Osthof ihren westlichen Anker gehabt
haben können und dieser hätte dann im öffentlich zu-
gänglichen Bereich der Akropolis gelegen. Bei einer
geschätzten Einwohnerzahl von 25.000 in Copan wird
man mit dieser Brücke allein wohl nicht ausgekommen
sein. Aber die Brücke im Zentrum wird die wichtigste
von ihnen gewesen sein. Angesichts der vielen präch-
tigen Steinbauten, Paläste und Tempel in unmittelbarer
Umgebung hatte sie hier wohl auch für Prozessionen
zum Krötenheiligtum und zur Stele 12 eine rituelle Be-
deutung und daher eine besondere Ausstattung. Ver-
mutlich wurde deshalb die Lauffläche nicht von Holz-
brettchen oder angebundenen Rundhölzern gebildet,
sondern von Steinplatten, so wie auch die Bauten im
Zentrum nicht aus Bajareque bestanden, sondern aus
Stein.
Im Bericht von Fuentes y Guzman wird die “steinerne
Hamaca“ auch rudimentär beschrieben. Sie soll um-
gerechnet 9,24 m hoch und 1,40 m breit gewesen sein.
Bei der Höhe kann es sich weder um die Distanz zwi-
schen Handlauftauen und Laufflächentauen noch um
die Durchhängung der Brücke handeln. Daher kann
wohl nur mit dieser Angabe die Höhe der Brücken-
mitte über Normalwasser des Copán-Flusses gemeint
gewesen sein.
Bei der Brücke über den Pachachaca gibt Charles
Wiener ebenfalls die Höhe der dortigen Hängebrücke
mit dem Abstand der Brückenmitte zum Wasser bei
Normalstand an. Angesichts der Höhe des Bodens am
Fuß von Bauwerk STR10L-18 auf der Akropolis mit ca.
16 m über dem Fluss-Niveau bei Normalwasser könn-
te auch hier die Distanz zwischen Fluss und Brücken-
mitte gemeint gewesen sein. Bei einer Brückenlänge
von geschätzten 30 m darf man mit einem Durchhang
von etwa 3 m rechnen. Da die Taue auf der Westseite der Brücke im Sockel der Akropolis fixiert worden sein
müssen, dürften die Handlauftaue unter dem Boden-
niveau von West- und Osthof verankert worden sein.
Die Laufflächentaue müssen dann etwa 1 m tiefer an-
gesetzt haben. Daher dürfte es hier einen kleinen
Treppenabgang zum Beginn der Hängebrücke mit
einer Höhendistanz von 3,50 m in Richtung Fluss ge-
geben haben.
Die Breite der Hängebrücken über die Quebrada Se-
sesmil betrug nur 60 cm. Die Breite der Sepulturas-
Brücke war mit genau einem Meter um 40 cm breiter.
Die Länge der “Steinernen Hamaca“, der vermuteten
Hängebrücke im Zentrum von Copan, wird bei Fuen-
tes y Guzman nicht angegeben; aber er gibt die Brei-
te der Brücke mit 1,40 m an. Sie wäre also nochmals
40 cm breiter gewesen als die zwei anderen Hänge-
brücken, die der Autor 1985 im Umfeld von Copan mit
anderen vermessen hatte.
Nach dem Bericht von Fuentes und Guzman sollen
rechts und links der Brückenmitte zwei Steinskulpturen
unterschiedlichen Geschlechts an der tiefsten Stelle der
“Hamaca“ angebracht gewesen sein. Der mittlere Stein-
stab der Lauffläche auf der Brücke könnte daher auf
beiden Seiten um etwa 30 cm übergestanden haben.
Dann hätte man hier auf beiden Seiten auf den über-
stehenden Partien des etwa 2 m langen Steinstabes die
zwei Skulpturen sturzsicher mittels je eines Steinzapfens
und je einer Bohrung an den Enden des Steinstabes auf
den Seiten der Brücke montieren können.
Es wird beschrieben, dass die “steinerne Hamaca“ mit
nur einer Hand in Schwingung versetzt werden konn-
te. Auch das spricht für eine Hängebrückenkonstruktion
der beschriebenen Art. Hängebrücken – auch die zwei
oben beschriebenen bewegen sich schon bei leich-
tem Wind. Bei der längeren Sepulturas-Brücke wur-
den zwei Spannseile unter etwa 45° abgewinkelt zur
Brückenrichtung von der Brückenmitte diagonal zu den
zwei Ufern gespannt, um genau dieses Schwingen bei
Sturm zu vermeiden. Auch Alexander von Humboldt
schreibt von exakt der gleichen Art von Schwingungs-
bremsen bei Hängebrücken in Südamerika (Humboldt
2004:282).
Die tragenden Taue der Brücke werden ähnlich, wie
bei der Q’eswachaka Brücke über den Apurimac in
Frühe Brücken
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Titel
- Frühe Brücken
- Untertitel
- Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
- Autor
- Hasso Hohmann
- Verlag
- Technische Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-833-2
- Abmessungen
- 20.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 306
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen