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Frühe Brücken - Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
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277 nAchWort hier ein Denken in vorwiegend druckbeanspruchten Konstruktionen vorherrschte. Schon im 15. und 16. Jh. gab es Pläne für Hängebrücken in Europa. Die erste sehr kurze Kettenbrücke wurde aber erst im 18. Jh. in England errichtet. Die vielen großen Kettenbrücken, wie in Budapest, wurden erst im 19. Jh. gebaut, als Joseph Chaley bereits einen Schritt weiter war und mit Tragkabeln aus dünnsten Schmiedeeisendrähten experimentierte. Wie stark der Einfluss von Denkschemata, in denen ge- dacht wird, alle Lebensbereiche fördern beziehungs- weise hemmen kann, lässt sich auch an der Entwicklung in der Neuen Welt gut zeigen. In der Neuen Welt war das Prinzip des Schlusssteinbogens spätestens seit etwa dem Beginn unserer Zeitrechnung bekannt, konnte sich aber großflächig nicht durchsetzen, da hier das Den- ken in zugbeanspruchten Konstruktionen vorherrschte. Es gibt zwar in beiden Amerikas mehrere Beispiele von sehr frühen Tonnengewölben und von Schlussstein- bögen. Sie traten aber jeweils nur sehr vereinzelt auf. Es wurde auch bislang keine einzige präkolumbische Brücke in Amerika gefunden, die nach dem Prinzip des Schlusssteinbogens konstruiert wurde. Aus Kostengründen oder weil der Transportwiderstand sehr groß war, haben sich in manchen Gebieten bis in die jüngste Zeit Brücken aus schnell vergänglichen Ma- terialien noch gehalten. Mit dem Bau von befahrbaren Straßen sind diese aber alle im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jh. gegen Hängebrücken mit den unvergleich- lich länger haltenden Stahlseilen ausgetauscht worden. So war es auch für den Autor schwierig, noch eine Brü- cke aus vergänglichem Material zur Zeit des Wechsels vom 20. ins 21. Jh. in Amerika zu finden. Die Q’eswa- chaka Hängebrücke über den Apurimac in Peru war wohl schon 2002 eine der letzten oder bereits die letz- te derartige Brücke in den Amerikas. Ähnlich schwer tat sich der Autor auch bei der Suche nach Hängebrücken aus vergänglichem Material im Himalaya-Gebirge. Spätestens knapp nach Beginn unserer Zeitrechnung schmiedeten die Han-Chinesen bereits massive eiser- ne Ketten für einen neuen Typus von deutlich lang- lebigeren Hängebrücken. Dieses viel beständigere und zugfestere Material war dann lange Zeit fixer Be- standteil asiatischer Hängebrücken überall dort, wo man sich so etwas leisten konnte. Noch heute soll es einige jahrhunderte alte Kettenbrücken in den Bergen des Himalaya geben. Mit den Eisendrähten von Marc Seguin und mit den Schmiedeeisendrähten von Joseph Chaley wurde dann aber eine völlig neue Konstruktionsweise für Hänge- brücken Anfang des 19. Jh. kreiert. Das war genau zu dem Zeitpunkt, als sich die Kettenbrücken rund 2000 Jahre nach den frühen chinesischen Kettenbrücken auch in Europa durchzusetzen begannen. Das Denken in vorwiegend druckbeanspruchten Kons- truktionen ist den Europäern so selbstverständlich, dass es von ihnen kaum wahrgenommen wird, obwohl es praktisch alle Lebensbereiche durchdringt. Im Folgen- den bringt der Autor daher einige Beispiele im Vergleich: Wo die Guatemalteken oder die Nasca im heutigen Peru Wasserkrüge mittels des Stirnlastbandes auf dem Rücken tragen wurde bei uns noch bis vor 50 Jahren im trockenen Süden Italiens oder in Spanien Wasserkrüge auf einem druckausgleichenden Stoffring auf dem Kopf getragen. Bei den Maya und auch bei den Vorinkakul- turen saßen und schliefen Menschen in Hängematten, bei uns hingegen sitzen sie auf Stühlen und schlafen in auf dem Boden stehenden Betten. Für die gehobenen Maya gab es Hängesänften, bei uns gab es Sänf- ten in Sitzform. Bei den Maya werden Dinge des täg- lichen Lebens in Netzen aufgehängt, die an Balken ihrer Hüttenkonstruktionen gehängt werden; in ihren Stein- bauten gab es dafür eigens Gewölbebalken in den Vorkraggewölben zur Zeit der Maya-Klassik. Bei uns werden derartige Dinge in Schränke geräumt. Klein- kinder werden in Guatemala auch heute noch meist in einem Tragtuch auf dem Rücken getragen, bei uns wer- den sie im Kinderwagen geführt. Die Liste derartiger Vergleiche lässt sich beliebig ausbauen und verlängern. Es geht dabei jeweils nicht um Ausschließlichkeit son- dern nur um signifikant starke Tendenzen. Die Basiskultur im westlichen Europa und auch rund ums Mittelmeer war die römische Kultur. Überall im Impe- rium Romanum wurden eindrucksvolle Bauen mit riesi- gen Betonkuppeln wie dem Pantheon oder am Ende auch die Hagia Sofia in Konstantinopel errichtet und es wurden riesigen Thermenanlagen mit gewaltigen Kup- peln gebaut, über die Flüsse spannten sich bald in allen Städten große Bogenbrücken. Vieles ging bis an die
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Frühe Brücken Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
Titel
Frühe Brücken
Untertitel
Zug- oder druckbeanspruchte Konstruktionen, kreative, innovative und interessante Brücken
Autor
Hasso Hohmann
Verlag
Technische Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-833-2
Abmessungen
20.0 x 27.0 cm
Seiten
306
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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