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ebene wurde dadurch das Verhältnis von Besonderem und Allgemeinem
ausgelotet und ein Changieren zwischen der Mikroebene und einem ganz-
heitlichen Blick ermöglicht. Durch die Interaktions- und die Subjektivitäts-
charakteristik des gesamten Forschungsprozesses wurden auf vielfältige
Weise Daten erhoben, was im Überblick dargestellt wird. Jenes Datenmaterial,
das durch Theoretisches Sampling im Deutungsprozess analysiert wurde,
wird im Detail beschrieben. Der Deutungsprozess und die Zwischenergebnisse
werden schließlich anhand von neun Phasen dargestellt.
Kapitel 5 Ergebnis — eine Theorieskizze
Die Ergebnisse des empirischen Teils werden in Form einer Theorieskizze in
Kapitel 5 präsentiert. Die einzelnen Elemente der Theorieskizze werden
jeweils mit grafischen Darstellungen, Auszügen aus den Forschungstagebü-
chern der Teilnehmer_innen und Dokumentationsfotos aufbereitet. Die Theo-
rieskizze lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Herausforderung, Men-
schen zu fotografieren, führt die Teilnehmer_innen im Prozess der Generativen
Bildarbeit in eine Grenzsituation (Freire 1978: 84ff.) im fotografischen Span
nungsfeld. Diese Grenzsituation lässt sich zwischen den Polen „Angst“ und
„Freude“ sowie zwischen „persönlichem Begehren“ und „ethischen Idealen“
verorten. Die Teilnehmer_innen begeben sich in diese Grenzsituation, weil sie
darin etwas Bestimmtes erreichen wollen, gleichzeitig nehmen sie intensive
Gefühlsregungen wahr. Dabei reflektieren die Teilnehmer_innen ihren eige-
nen Umgang mit dem Schlüsselphänomen Menschen fotografieren Menschen
auch anhand ethischer Ideale. Die Ambivalenzen, die sich zwischen Angst,
Freude, persönlichem Begehren und ethischen Idealen im fotografischen
Spannungsfeld ergeben, veranlassen die Teilnehmer_innen im Verlauf der
Generativen Bildarbeit zu gewissen Formen fotografisch
visueller Grenzarbeit6.
Dabei entwickeln sie verschiedene Gestaltungsformen (Motivwahl, Perspekti-
venwechsel, Form und Inhalt), die wiederum verschiedene Reflexionsinhalte
(Abbild/Wirklichkeit, Selbst-/Fremdwahrnehmung, Subjekt-/Objektverhält-
nisse, Raum/Gesellschaft) mit sich bringen. Als Grenzarbeit kann der Zusam-
menhang von Aktion, Reflexion und Dialog (Freire 1978: 71) im Gruppen-
prozess bezeichnet werden. Der transformierende Charakter der Generativen
Bildarbeit zeigt sich darin, dass die Teilnehmer_innen anhand ihrer eigenen
fotografischen Gestaltungsformen und Bilder und jener der Anderen fort-
laufend neue Gestaltungsformen und Reflexionsinhalte entdecken, diese aus-
loten und so einen wechselseitigen Lern- und Erkenntnisprozess vorantreiben.
Anhand der Theorieskizze kann gezeigt werden, dass die Fotografie im
Rahmen Generativer Bildarbeit ein transformatives Übungs-, Lern- und For-
schungsfeld für das gemeinsame Arbeiten in Situationen kultureller Differenz
eröffnet. Darüber hinaus kann das, was mit Blick auf die Fotografie von den
Teilnehmer_innen diskutiert und bearbeitet wurde, als Herausforderungen
im täglichen Miteinander auf allgemeiner Ebene betrachtet werden.
6 Die Verwendung des Begriffs Grenzarbeit wurde durch meine empirische Forschungs-
arbeit in Kombination mit Gesprächen, die ich mit Ulli Vilsmaier im Rahmen meines Promotions-
projektes führen konnte, angeregt.
Generative Bildarbeit
Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Titel
- Generative Bildarbeit
- Untertitel
- Zum transformativen Potential fotografischer Praxis
- Autor
- Vera Brandner
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5008-6
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 276
- Schlagwörter
- Forschendes Lernen, Fotografische Praxis, Methodik, Generative Bildarbeit, Grenzarbeit, Kulturelle Differenz, Praxeologie, Selbstversuch, Reflexive Grounded Theory, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmungen, Situationalität, Reflexivität
- Kategorie
- Medien