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Germanistik in Wien - Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
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dentenschaft“unterteilt.293Dabeihandelte es sichumdieHerstellungvon „Zwangsgemeinschaften“294 nach völkisch-rassischen Gesichtspunkten, mithinumdieEinteilungderStudierenden in ,arisch‘und ,nichtarisch‘.295 Wie aus den Erinnerungen der damaligen Germanistikstudentin und späterenDeutschlehrerinMinnaLachs hervorgeht,war auchKluckhohns Verhalten gegenüber Studierenden nicht frei von antisemitischen oder zumindest antipolnischenRessentiments; gleichzeitig verweigerte er aber den Schlägertruppen der deutschnationalen Studentenschaft seine Un- terstützung: Ichwarim3.Semester[Wintersemester1928/29,E.G.],als ichmichbeiProf. Kluckhohn zu einem Kolloquium anmeldete. Er hielt die Prüfungen in Dreiergruppen ab und gestattete Studierenden zuzuhören. Ich war in einer Gruppe mit zwei ahnungslosen Studenten, die sich anscheinend auf ihre Schmisse verlassen hatten.Der eine schüttelte bei der erstenFrage denKopf und tatdenMund fastnicht auf, unddieFrageging andenzweitenPrüfling über, derUnzusammenhängendesmurmelte, und die Frage landete beimir, ich beantwortete sie richtig und ausführlich.Das ging so eineWeile, bis sich der Professor erhob.Wir folgten ihmalle drei, vonFreundenbegleitet, zum Dekanat, umdieZeugnisse entgegenzunehmen.DiebeidenBurschenhatten ein „Gut“, und ichwar nur gerade durchgekommen. „Dasmuß ein Irrtum sein“, sagten die beidenKollegen, „wir wartenmit Ihnen, bis derHerr Pro- fessor herauskommt und Sie ihn gleich fragen können.“ Nach einigem Sträubengabichnach.IchhieltProf.KluckhohnmeinZeugnishinundsagte: „Ich habe doch alle Fragen beantwortet, Herr Professor, ist dies nicht ein Irrtum?“ Er antwortete nicht und ging hoch erhobenen Hauptes an mir vorbei,alsobichLuftwäre.Dieumstehendenwarenbetroffen,aber ichnicht, denn ichwußte, was es bedeutete, imMeldebuch, in der SpalteGeburtsort, „Trembowla, Polen“ stehen zuhaben. Jeden Samstag hatten die deutsch-nationalen Studenten der schlagenden Verbindungen ihrenKorso in denWandelgängen derUniversität. Anschlie- ßend stürmten sie die Hörsäle mit demRuf: „Juden raus!“ Ich wußte von keinemProfessor, der sich ihnen entgegengestellt hätte.Daher war ich auch sehr erstaunt über das Verhalten von Professor Kluckhohn, als sie in seine 293 StudentenordnungderUniversitätWienvom8.April1930;zit.n.Lichtenberger- Fenz: „…deutscher Abstammung undMuttersprache“ (1990), S. 91. Zur Ein- führung dieser Studentenordnung, denReaktionen darauf und zu ihrerWieder- abschaffung 1931 vgl. ebd., S. 84–138. 294 SoJosefHupka,ProfessorderRechteanderUniversitätWien, inderNeuenFreien Presse vom23.April 1930.Hupka:DieStudentenordnungderUniversitätWien (1930), S. 1. 295 Nachmassiven Protesten und einemVerfahren vor demVerfassungsgerichtshof wurde die Studentenordnung am20. Juni 1931, ein Jahr nach Inkrafttreten, für ungesetzlich erklärt und aufgehoben. I.4. Paul Kluckhohn, Josef Nadler und das Ende der Privatdozenten 81
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Germanistik in Wien Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
Titel
Germanistik in Wien
Untertitel
Das Seminar für Deutsche Philologie und seine Privatdozentinnen (1897–1933)
Autor
Elisabeth Grabenweger
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Ort
Berlin
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-045927-2
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
290
Schlagwörter
German literary studies, literary text, history, first female scholars, Wiener Germanistik, Wissenschaftsgeschichte
Kategorie
Lehrbücher
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