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licher <46> quallen. Jhr auch/ als eines theils/ deß Himmels abgesagte/ seyt von
der hoffnung deß ewigen Lebens außgeschlossen/ vnd anderseits/ als bey der
Welt verhasste Leuth/ wegen stetigs argwohns vnd beharrlicher verfolgungen/ in
steter trangsal/ nit vil anderst/ als in einer schon empfindlichen Höllen.
Der Teuffel in seiner Boßheit verstärkkt/ beharret jmmer zu in seiner alten hart-
näkkigkeit/ deren jhn (wann er auch gleich wolte) nimmer reuen kan. Jhr auch/
als die Jhr euch nunmehr in die Sünd bekleidt/ habt in der halßstärrigkeit/ das
hertz bereit so gar <47> verhärtnet/ daß durch Göttlichs vrtheil/ Jhr gleichsam
zweifelt an desselbigen Barmhertzigkeit/ vnd schier nimmer zu der Buß gelan-
gen könt.
Der Teuffel ist ein vatter der lugen/ vnd hat man niemahls auß seinen antworten
einige warheit erhalten. Euere maüler auch/ vnd eure federn dichten nichts/ alß
lugen ; dann Jhr predigt offentliche fehler/ vnd verfälscht die reine Schrifften.
Der Teuffel je zu weilen/ verstellt sich in einen Engel deß Liechts/ vnd mit
denselben blendungen/ betriegt er leichtlich diselbe arme Leütlein/ die es nit
be<48>ser wissen. Jhr auch/ in dem Jhr mit dem lächeln im mund/ vnd dem
scheer-messer im Ermel/ eine tieffe traurigkeit/ mit heuchler-larven vberzieht/
verkauffet vberzogenes gifft vor zukker.
Der Teuffel ist ein greulicher Neidhard/ dann auß lauter vngedult ist er bewogen
worden/ den Menschen zuversuchen/ damit kein anderer jener seeligket genies-
sen möchte/ die vor jhn verlohren war. Euer Neid ist auch so groß/ daß Jhr am
eignen fall noch nit vergnügt/ auff mittel/ weiß vnd weg gedenkkt/ wie Jhr die
einfältigen/ die euch glauben/ in eben dieselben fall-eisen brin<49>gen möcht ;
(Mein Volck ist ein verloren Herde worden/ jhre Hirten haben sie verführt)11 sagte
Gott betraurliche/ durch den Mund deß Jeremia ; Glaub dahero auch/ daß vmb
keines andern willen/ vnder viel mehrern Mißbraüchen vnnd gottlosen Sat-
zungen eurer Lehr/ Jhr den Kindern vnd den vnverständigen die Bibel in jhrer
Mutter-sprach zu lesen/ befehlend erlaubt/ als eure vnd jhre Seelen/ mit ein-
ander ins ewige verderben zuführen ; dann wann Jhr/ die Jhr so treff<50>liche
Schrifft-gelehrten seyt/ gleichwol wann Jhr sie verdolmetschen vnd außlegen
wolt/ in dem garn der verwirrung/ euch so offt verwikkelt/ was werden dann die
andern thun/ die ohne wegweiser eines züchtigen verstandts/ vnd ohne liecht
deß heiligen Glaubens/ darinnen vmbblättern wollen ? Wisst Jhr nit daß alle die
Geheimnussen der alten Schrifft-außlegung/ vnder einem Fürhang lauter ver-
dunkkelten Buchstaben vnnd gleichnussen/ deßwegen verborgen waren/ damit
das gemeine Volck/ nit darum zu grüblen hette ? Erinnert Jhr euch nit/ daß die
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
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- Weiteres Belletristik