Seite - 53 - in Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
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daß sovil jhr in euer eignen Thorheit vernachlast/ jhr desto mehr bey andern auß-
zuförschlen/ vnd hart zustraffen gewohnt seyt. Daß also in dem jhr deß grossen
Bal<77>kens in eurem Aug nit warnembt/ jhr bey andern einen jeden Splitter
sucht.
Was siehestu aber den Splitter in deines Bruders Auge/ vnd wirst nit gewahr des Bal-
ken in deinem Auge.16 Muß man dannenhero disem eurem angriff/ mit gedult
durch die Finger sehen/ dann gleich wie das Holz seine Würm-stich/ vnd das
Tuch die Schaben hat/ so daran fressen/ also hat die Tugend auch jhre Verleumb-
der/ die an jhr zu sticheln haben. Vnd eben wie der <78> Ostwind/ der heiterkeit
zu wider geht/ also ist allzeit der Neid/ ein feind der Ehr gewesen.
Der disem Laster den ersten nahmen gegeben/ hat jhn in warheit höchst-billich/
Neid genannt/ dann es scheint/ alß ob der Neid-hart in niemand etwas gutes/
sondern allein das Böse sehe ; vnd beyseits lassend/ alles das/ so in einem oder
andern/ etwan zu loben were/ schielet Er allein/ auff dessen wenige Gebrechen/
der hierumben zubestraffen were.
Schliesse dahero daß der Neid/ vnd ander nichts/ derselbe Stachel gewesen sey/
der euch wider vns zuschreiben/ an<79>getriben hat. Vnd also befinde ich mich
über die anderte Frag vergnügt/ nach dem ich auff den zwekk kommen : Warumb
schreibt ihr.
Jch gerath nun auff den dritten/ vnd letzten/ nemlich vmb von euch zu erfor-
schen (Nasweise dröste/ auff dem Lehr-Stul deß verderbens) Waß Jhr dann Schreibt ?
Waß für Träum ? waß Aberwitz ? waß Närrische Einbildungen/ die euern seyen ?
Jch laß mich zwar nit ein/ alle eure selzame fürweise/ über die Hechel zu zie-
hen/ dann das wer/ den Stall des Augie <80> außsaubern wollen. Mir beliebt für
dißmal nur/ denselben einigen eueren Fürträg (oder wie ichs besser nenne/ eure
noch bißhero ärgste Erfindung) vnd zwar allein das grobste durchzureutern/ alß
in der jhr ja so grosser streiche euch berühmet/ vnd die so gnug vnd gründlich
solle ausgeführt seyn/ daß Sie/ wie auch waar ist/ der fürnembste zwekk/ vnd
das eusserste Schieß-mahl seye/ wo alle euere Anschläge hinzielen ? Was aber
endlich wolt Jhr damit schliessen ? Jch will euchs sagen.
Eure meinung wäre/ dem König glauben machen/ daß eure <81> Lehr der See-
len heylsam seye/ da benebens euer Beystand/ zum auffnehmen deß Reichs ge-
deyen würde ; vnd daß alles vbel/ vnd verderben deß Königreichs/ allein von den
Catholischen herrühre/ wie hingegen alles auffnehmen/ vnd ansehen desselbi-
gen/ auß eurem werkk entspringe.
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Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
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- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
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