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Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617
und in Wien 1655
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts kann Giambattista Marino zwar im süd-
deutschen Sprachraum als ein durchaus bekannter Autor gelten, was nicht zuletzt die
immer wieder nachweisbaren Verwechslungen mit dem eine Generation jüngeren, aus
Genua stammenden Giovanni Ambrosio Marini (1596–1668) belegen, die sich in den
deutschen Übersetzungen von dessen Abenteuerromanen1 finden, doch die Verbrei-
tung seiner Werke im italienischen Original bleibt wohl sehr beschränkt. In der 1655
nach Wien verkauften Fugger-Bibliothek finden sich Marinos Werke nur unter den
Texten der Sammelbände für Vokalmusik,2 und selbst dort auch nur selten mit Nen-
nung seines Namens, was aber für diese spezifische Gattung durchaus üblich ist. Als
einziges selbstständiges literarisches Werk des Autors wird La strage degli innocenti
(Neapel 1632) ins Deutsche übersetzt.3
Das wahre Interesse des Wiener Übersetzers an Giambattista Marinos La sferza
invettiva dürfte daher wohl der konfessionellen Auseinandersetzung gelten, und der
unter falschen Voraussetzungen prominente Name des Autors dürfte eine willkom-
mene zusätzliche Attraktion darstellen. Die Übersetzung gliedert sich in eine ab der
Mitte des 17. Jahrhunderts in Österreich im Zuge der Gegenreformation zusehends
aggressivere Polemik gegen alle protestantischen Kirchen ein, vergleichbar mit jener,
die in Frankreich zur Zeit der Entstehung des italienischen Originals 1617 aufgrund
anderer historischer Entwicklungen herrschte. Allerdings kommt Marinos Text nicht
nur aufgrund der während einer politischen Krise in Frankreich wieder aufflammen-
den Konfessionskonflikte zwischen der katholischen Staatskirche und den kalvinisti-
schen Gemeinden eine spezielle Bedeutung zu, sondern auch wegen der klar erkenn-
baren Absicht des Autors, mit diesem Werk seine Position als italienischer Hofdichter
in Paris zu festigen. Das erklärt auch die späte Drucklegung der Streitschrift 1625 in
1 So z. B. in einem der deutschen Übersetzung von Marinis Le gare de’ disperati vorangestellten Lobge-
dicht ; vgl. Giovanni Ambrosio Marini : »Wettstreit der Verzweifelten« in der Übersetzung von Johann
Wilhelm von Stubenberg. Hg. von Alfred Noe. Berlin : Weidler 2012, S. 13.
2 Vgl. Alfred Noe : Die Präsenz der romanischen Literaturen in der 1655 nach Wien verkauften Fugger-
bibliothek. 3. Band : Die romanischen Texte der »Musicales«. Amsterdam : Rodopi 1997.
3 Herrn Barthold Henrich Brockes J. U. L. Verteutschter Bethlehemitischer Kinder-Mord des Ritters Marino.
Nebst etlichen von des Herrn Ubersetzers Eigenen Gedichten/ Mit dessen Genehmhaltung ans Licht gestellet/
sammt Einer Vorrede/ Leben des Marino, und einigen Anmerckungen von König. Cöln und Hamburg/ Jn
Verlegung Seel. Benjamin Schillers Wittwe/ Gedruckt mit Spieringischen Schriften/ 1715 ; mindestens
8 Folgeausgaben bis 1758.
Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Kategorien
- Weiteres Belletristik