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126 Der Kontext der Gegenreformation in Paris 1617 und in Wien 1655
chem der Kurztitel zu lesen ist. Darunter ist zwischen Ferdinand III. links und dem
Thronfolger Erzherzog Leopold Ignatius rechts eine Landkarte mit dem missionierten
Gebiet zu sehen. Darunter liegt zwischen den Symbolen der christlichen Gerechtig-
keit und der strafenden Macht des Kaisers zu Boden gedrückt die angekettete Gestalt
der Häresie, eine mit Halskrause und parodiertem Doktorhut geschmückte Furie, ne-
ben der die Lutherbibel und je eine Schrift Calvins und Zwinglis am Boden liegen.
Die Devisen der Herrscherfiguren (Pietas et iustitia – Consilio et industria) resümie-
ren das Programm, mit dessen Hilfe dieses Monster bekämpft wird.
Stögmann zitiert Beispiele für den enormen Druck zum Übertritt in den katholi-
schen Glauben, der in diesen Jahren mittels »Information«, also Verhör und Belehrung,
schließlich zur »Reformation«, also dem Wechsel in die alte Konfession führen soll :
Etliche Personen, die der Reformation unterzogen wurden, leisteten hartnäckigen Wider-
stand gegen die missionarische Agitation. So wird von Personen berichtet, die bis zu 80mal
(!) informiert wurden, ohne dabei irgendeine Bereitschaft zur Konversion erkennen zu lassen.
Als Erklärung für diese entschiedene Haltung wurde gegenüber den Kommissaren häufig der
Wunsch geäußert, in dem Glauben zu sterben, in dem man erzogen worden war.59
In einer Fußnote fügt er noch den besonders spektakulären Fall einer Witwe hinzu,
welche sich offenkundig auf die den ausländischen Kaufleuten gewährten Ausnah-
men berufen wollte : »Die Witwe Ursula Rauscher war bis Jahresende 1654 insge-
samt 77mal informiert worden – ohne Hoffnung der Bekehrung. Die Tatsache, daß ihr
Gatte in der ›Niederlage‹ tätig gewesen war, nahm Rauscher zum Anlaß, sich auf die
ihr demnach zustehende ›Freiheit‹ zu berufen, was ihr jedoch abgeschlagen wurde.«60
Auch wenn die Ergebnisse der Reformkommissionen nicht durchwegs positiv im
Sinne einer Bekehrung der protestantischen Minderheit ausfallen, wie die nachfol-
genden Zahlen illustrieren, so ist doch das Ausmaß der Einschüchterung beeindru-
ckend und der Wille, die Stadt konfessionell zu säubern, aufseiten der Behörden
ungebrochen :
59 Stögmann : Staat, Kirche und Bürgerschaft, S. 558f. ; direkte Zeugnisse von Übertritten in dieser Zeit
finden sich in Heinrich Johannes Fridrich : Unbewegliche Grundfest, und […] Ursachen, wordurch ich von
der Lutherischen Sectischen Synagoga […] außzugehen und zu der […] Catholischen Kirchen mich zu verfügen
[…] bewogen worden. Wien : Johann Jakob Kürner 1652, und Georg Friedrich Philipp Griessheim/Er-
hardt Ferdinand von Wetzhausen : Warhaffter Bericht Welcher Gestalt, Durch was Weeg, und Ursachen, Georg
Friedrich Philipp Griessheim das Luthertumb zu verlassen […] bewogen. Mit beygefügtem Verweiß-Schreiben
an den Lutherischen Prædicanten zu Preßburg, N. Heuchelin. Wien : Johann Jakob Kürner 1652.
60 Stögmann : Staat, Kirche und Bürgerschaft, S. 559, Anm. 234.
Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Giambattista Marinos Wort-Zucht-Peitschen und die Gegenreformation in Wien um 1655
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79696-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 170
- Schlagwörter
- Giambattista Marino, translation italian-german, Counterreformation, Giambattista Marino, Übersetzung italienisch-deutsch, Gegenreformation
- Kategorien
- Weiteres Belletristik