Seite - 33 - in Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
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33Glaube
und Gewalt
Zum einen analysieren die Beiträge Gewalt mit religiösem Ursprung. Hans
G. Kippenberg hält dazu fest: »only when members of a community acknow-
ledge the framing of their situation and the violent practice as in agreement
with their worldviews and paradigms do they render an individual crime a
religious act«78. Zum anderen wird Gewalt untersucht, die gegen das Reli-
giöse gerichtet ist. So heiβt es bei Nathalie Zemon Davis, »religious riot« sei
»any violent action […] undertaken against religious targets by people who
are not acting officially and formally as agents of political and ecclesiastical
authority« (nach dieser Definition könne »religiöse Gewalt« durchaus auch
von Antiklerikalen ausgehen)79. Weil die Bezeichnung eines Gewaltakts als
»religiös« somit recht disparat ist, wird in den Kapiteln nach der Beziehung
von Glaube – vielmehr: katholischen Gläubigen – und Gewalt gefragt; der
Begriff »religiöse Gewalt« taucht eher selten auf – wenn, dann in Anfüh-
rungszeichen. Damit soll an den problematischen Charakter des Konzepts
erinnert werden.
Gliederung des Bandes
Sind damit die Hintergründe und Zielsetzung des vorliegenden Bandes
erklärt, bleibt noch die Vorstellung seiner Gliederung. Alle Beiträge untersu-
chen Gewaltakte, die von oder an Katholiken verübt wurden und entweder
einen direkten Bezug zum religiös-kirchlichen Raum hatten oder als solches
gedeutet wurden. Während Teil I die Praktiken von Gewalt (das »Tun«) in
den Mittelpunkt stellt, geht es in Teil II um die Diskurse über Gewalt (das
»Reden«). Die beiden Teile sind in verschiedene Sektionen gegliedert, die eine
andere Funktion von Gewaltpraktiken bzw. eine unterschiedliche Zielset-
zung von Gewaltsemantiken untersuchen.
Catholics, Protestants and the Origins of Violence in Victorian Belfast, Manchester
2009; Caroline Ford, Violence and the Sacred in Nineteenth-Century France, in:
French Historical Studies 21 (1998), H. 1, S. 101–112; Eva Anne Frantz, Gewalt und
Koexistenz. Muslime und Christen im spätosmanischen Kosovo (1870–1913), Mün-
chen 2016; Michel Lagrée, Processions Religieuses et Violence Démocratique dans
la France de 1903, in: French Historical Studies 21 (1998), H. 1, S. 77–99; Oxx, The
Nativist Movement; Stefano Petrungaro, Pietre e fucili. La protesta sociale nelle
campagne croate di fine Ottocento, Rom 2009; Oliver P. Rafferty, Violence, Poli-
tics, and Catholicism in Ireland, Dublin 2016; Margaret J. Rencewicz, »Pray, Pay
and Dis obey«: Conflict and Schism in Catholic America, 1870–1939, unveröffent-
liche Inauguraldissertation, University of Pittsburgh (2015); Daniel Unowsky, The
Plunder. The 1989 Anti-Jewish Riots in Habsburg Galicia, Stanford 2018.
78 Hans G. Kippenberg, Searching for the Link between Religion and Violence.
A
Theory of Social Action, in: Method and Theory in the Study of Religion 22 (2010),
S. 97–115, hier S. 98.
79 Davis, The Rites of Violence, S. 52.
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Titel
- Glaubenskämpfe
- Untertitel
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Herausgeber
- Eveline Bouwers
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Abmessungen
- 15.9 x 23.7 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918