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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 45 -
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45Religion und Gewalt in den Revolutions- und Napoleonischen Kriegen Umgekehrt, wie noch zu zeigen ist, kam es nun zu »religiöser Gewalt«, die gegen den antiklerikalen Staat gerichtet war. Mit anderen Worten: Als die Franzosen drohten, sich von hergebrachten geistlichen Praktiken und religi- ösen Denkmustern abzuwenden, kam es zu Gewalt, zu der manchmal  – aber keineswegs immer  – die kirchliche Hierarchie ihren Segen gab. In diesen Fällen konnte es tatsächlich, entgegen der Behauptung Fords, zu Massakern und Verstümmelungen kommen, zu roher Gewalt, die zwar an die frühneu- zeitlichen Religionskriege erinnert, aber doch ganz anderer Art war, wie wir sehen  werden. Schließlich verstehen wir unter »religiöser Gewalt« zwei Phänomene, die im Allgemeinen, aber nicht notwendig, verbunden sind: Gewalt, die man der eigenen Religion wegen erleidet, und solche, die man aus religiöser Überzeu- gung ausübt6. Im Gegensatz zur Neigung der zeitgenössischen Forschung, die Rolle von Religion in den Revolutions- und Napoleonischen Kriegen he- runterzuspielen, soll hier argumentiert werden, dass beide Elemente einen wichtigen Beitrag dazu leisteten, den Widerstand gegen die Franzosen aus- zulösen und aufrechtzuerhalten. Es wird ferner die Ansicht vertreten, dass  – wiederum im Gegensatz zu Ford  – in vielen katholischen Gegenden Europas die Religion noch nicht als vorrangig weibliche Angelegenheit betrachtet wurde, weshalb die »religiöse Gewalt« keineswegs nur von Frauen ausgeübt wurde, und zudem extrem wandlungsfähig war7. Nicht nur die antifranzösi- sche Rhetorik war religiös geprägt, sondern auch die Symbolik des Kampfes, die sich oft in Darstellungen des Kreuzes, der Heiligen Jungfrau oder des Herzens Jesu zeigte. In Kalabrien folterten und kreuzigten Rebellen ihre Opfer auf eine Weise, die man nicht anders als religiös deuten kann8. Getreu der Aufforderung Natalie Zemon Davis’, Religion als Deutungs- schema im Leben gewöhnlicher Menschen gründlicher zu bedenken, wird in diesem Beitrag versucht, den Widerstand gegen die französische Besatzung im religiösen Sinne zu verstehen und religiöse Praktiken sozial zu erklären9. Zunächst werden die antiklerikalen Aspekte der französischen Revolution wie auch der darauffolgenden Eroberungszüge betrachtet sowie die allge- meinen Reaktionen der Gläubigen auf Vorgänge, die einen Angriff auf ihren Glauben und ihre Gebräuche darstellen mussten. Damit soll Religion im Nachdenken über Gewalt und Widerstand während der Revolutions- und 6 Vgl. Claude Langlois, De la violence religieuse, in: French Historical Studies 21 (1998), H.  1, S.  113–123, hier S.  115. 7 Vgl. Ann Taylor Allen, Religion and Gender in Modern German History. A Histori- ographical Perspective, in: Karen Hagemann / Jean H. Quataert (Hg.), Gendering Modern German History. Rewriting Historiography, New York 2007, S.  190–207. 8 Vgl. Nicolas Cadet, Honneur et violences de guerre au temps de Napoléon. La Cam- pagne de Calabre, Paris 2015, S.  306–309, 311–316. 9 Vgl. Natalie Zemon Davis, The Rites of Violence. Religious Riot in Sixteenth-Cen- tury France, in: Past & Present 59 (1973), S.  51–91, hier S.  54.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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