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Vor 1918
Glaubenskämpfe - Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Seite - 221 -
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221Der Bahnfrevel von Trillick Interessen befördern wollten. Dass der Vorfall im Sinne einer »Gräuelpoli- tik« verstanden wurde, verdient besondere Beachtung. In der Zeit nach der großen Hungersnot gewann die Rhetorik der konfessionellen Gegnerschaft an Bedeutung. Verschärft wurde diese Entwicklung durch die Verwüs- tungen, die die Hungersnot in der irischen Gesellschaft angerichtet hatte, durch das Aufkommen einer organisierten irisch-nationalistischen Politik und einer selbstbewusster auftretenden katholischen Kirche, wie auch durch einen erstarkenden evangelikalen Protestantismus und die Wiedergeburt des Oranierordens. Diese regionalen oder nationalen Faktoren wurden ihrerseits geprägt durch weitreichende Wandlungsprozesse in der britischen und iri- schen Gesellschaft, wie etwa die Demokratisierung, den Machtzuwachs des Staates und den technischen Wandel, die alle zu einem angespannteren poli- tischen Klima beitrugen. Die Grundpositionen der nordirischen Politik waren unterdessen kei- neswegs mit religiösen Standpunkten gleichzusetzen. Sowohl die Konser- vative als auch die Liberale Partei hatten Unterstützer in beiden konfessio- nellen Lagern. Die politische Landkarte wurde in den 1850er Jahren noch unübersichtlicher, als eine unabhängige »Irish Party« auf den Plan trat, eine lose Gruppierung irischer Liberaler, die (ohne Erfolg) versuchten, Einfluss zu gewinnen, indem sie sich Projekten der Agrarreform und der religiösen Gleichheit verschrieben8. Kurzum, die damalige heikle religionspolitische Situation in Irland speiste sich aus einer Vielzahl kurz- und längerfristiger Entwicklungen. Dabei nahm nach der Katholikenemanzipation insbeson- dere in Ulster die konfessionelle Prägung der Politik zu; hier versuchte eine einflussreiche Minderheit konservativer protestantischer Politiker wie der Earl of Enniskillen mit dem eingängigen Narrativ einer katholischen Gefahr, liberalen wie nationalistischen Tendenzen auf der Insel entgegenzutreten. Die Reaktionen auf den Bahnfrevel von Trillick zeigen, wie schwer es vik- torianischen Meinungsführern fiel, die Ereignisse außerhalb des katholisch- protestantischen Schemas zu begreifen. Es verwundert kaum, dass die Geschichte des Bahnfrevels in der ultrapro- testantischen und den Oraniern nahestehenden Presse auf besondere Reso- nanz stieß. Für sie lag die Sache ganz klar: Bei Trillick hatte sich abermals erwiesen, dass Katholiken treulose Barbaren waren. Solche antikatholischen Schuldzuweisungen konnten in den konservativen Kreisen der britischen Inseln mit beträchtlicher Zustimmung rechnen. Mit Zorn wurde dort ver- folgt, wie die Kirche die katholische Hierarchie in England wiedereinsetzte, die britische Regierung ihre finanzielle Unterstützung für das Priestersemi- nar in Maynooth erhöhte, und die katholische Kirche in Irland unter dem ultramontanen Erzbischof von Dublin, Paul Cullen, selbstbewusster an die 8 Vgl. John H. Whyte, The Independent Irish Party, 1850–9, Oxford 1958.
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Glaubenskämpfe Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Titel
Glaubenskämpfe
Untertitel
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
Herausgeber
Eveline Bouwers
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-10158-8
Abmessungen
15.9 x 23.7 cm
Seiten
362
Schlagwörter
19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
Kategorien
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