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249Missionare
als Opfer muslimischer Gewalt?
hatten die Missionare – neben ortskundigen Trägern – einen kulturerfah-
renen afrikanischen Übersetzer mitgebracht, ein anglikanischer Christ, der
ihnen von der DOAG vermittelt worden war und der zuvor bereits Deutsch-
land besucht hatte22. In einem anderen Bericht ist von zwei Übersetzern die
Rede, die beim Roden des Geländes halfen und wohl auch die weitere Kom-
munikation mit den Arbeitern und den Kontakt zur lokalen Bevölkerung
organisierten23. Sie blieben offensichtlich permanent auf der Station, da sie
später als Aufseher der Arbeiter bezeichnet wurden. Auf allen Reisen wur-
den die Missionare von kundigen Trägern begleitet, die sie nicht nur führ-
ten, sondern auch Kontakt zur Bevölkerung herstellten24. Diese beobachtete
die Verhaltensweisen der Missionare mit Neugier, genau wie die zahlreichen
Schaulustigen, die sich zumindest anfangs auf dem Pugu-Hügel einfanden.
Pater Bonifaz und der Katechist Frater Ildefons versuchten, die Neugier
für die Evangelisierung mit Hilfe einer Bilderbibel und der Übersetzer zu
nutzen – aber ohne große Resonanz25. Lohnarbeiter hielten sich häufig auf
der Station auf, die sukzessive ausgebaut wurde. Zumindest der 40-jährige
Haus- und Gartenhelfer Amanie sowie der 20-jährige Rukgaume und des-
sen Bruder, der 15-jährige Schlosserlehrling Mkondo / Jansen, hatten sich
der Mission dauerhaft »freiwillig angeschlossen«26. Diese mehr oder weniger
permanenten afrikanischen Bewohner der Mission lebten in selbstgebauten
Häusern um die Stationsgebäude.
Im Laufe des Jahres gewannen die Missionare eine Handvoll Schüler aus
den Dörfern um Pugu, die allerdings die Mission wieder verließen, als die
Mönche von ihnen verlangten, unentgeltlich im Garten und bei den Bau-
ten zu arbeiten27. Zu diesem Verhalten lassen sich einige Mutmaßungen
anstellen: Auf den Feldern der Wasaramo dürfte genug Arbeit vorhanden
gewesen sein, auch geschlechter- und schichtenspezifische Arbeitsteilungen
können eine Rolle gespielt haben. Zudem lag Pugu direkt am Karawanenweg
ins Gebiet zwischen den Seen. So ergaben sich nicht nur genügend bezahlte
Arbeitsgelegenheiten. Die Wasaramo besaßen auch Erfahrung im Kontakt
mit europäischen Kolonialakteuren und wussten Angebote zu bewerten28.
Sicherlich aber wollten die Wasaramo nicht mit einer zweiten Gruppe von
Afrikanern verwechselt werden, die zunehmend die Station bevölkerte.
22 Amrhein, Unsere Mission, Sp. 377.
23 Ebd., Sp. 381.
24 Fleschutz, Eine Tagesreise ins Innere, Sp. 397–411.
25 Amrhein, Unsere Mission, Sp. 239.
26 Ders., Das große Sühne- und Brandopfer in Pugu, in: Missionsblätter A.F. 1
(1888 / 89), Sp. 437.
27 Vgl. Bernita Walter, Von Gottes Treue getragen. Die Missions-Benediktinerinnen
von Tutzing, Bd. I, St. Ottilien 1984, S. 134.
28 Der französische Leutnant Giraud berichtete, dass Pugu 1883 ein Lager aus teils
verfallenen Hütten war, deren Bewohner die Karawanen auf der Durchreise bela-
Glaubenskämpfe
Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Titel
- Glaubenskämpfe
- Untertitel
- Katholiken und Gewalt im 19. Jahrhundert
- Herausgeber
- Eveline Bouwers
- Verlag
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-10158-8
- Abmessungen
- 15.9 x 23.7 cm
- Seiten
- 362
- Schlagwörter
- 19. Jahrhundert, katholische Kirche, Gewalt, Legitimation, Glaube, Katholizismus, historische Entwicklung, Säkularisierung, Pluralismus, historische Analyse, Geschichtsschreibung, strukturelle Gewalt, Diskurs
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918