Seite - 50 - in Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Bild der Seite - 50 -
Text der Seite - 50 -
50 II. Vom Trieb zur Lust
Elisabeth Greif • Verkehrte
Leidenschaft¶
liche, politische und kirchliche Vorschriften « an die Verurteilung wegen
eines Verbrechens den Verlust politischer Rechte, insbesondere des ak-
tiven und passiven Wahlrechts zu öffentlichen Körperschaften.188 Nach
§ 27 StG 1852 waren außerdem mit der Verurteilung zu einer schweren
Kerkerstrafe der Verlust des Adels 189 verbunden, für die Dauer der Straf-
zeit konnten die Verurteilten weder verbindliche Rechtsgeschäfte unter
Lebenden schließen noch letztwillige Verfügungen errichten.190
Durch das Gesetz vom 15. November 1867 191 wurde die körperliche
Züchtigung als Haupt- und als Stellvertretungsstrafe der Arreststrafe,
sowie als Neben- oder Verschärfungs- und als Disziplinarstrafe abge-
schafft. Desgleichen wurde die Anhaltung der zu einer schweren Ker-
kerstrafe Verurteilten in Eisen – die so genannte Kettenstrafe – besei-
tigt. Gem § 3 hatten die Gerichte bei schwerer Kerkerstrafe nunmehr
auf Beifügung einer oder mehrerer der in Geltung belassenen Verschär-
fungsarten zu erkennen. Eine strafrechtliche Verurteilung sollte künf-
tighin weder den Verlust noch eine Beschränkung der bürgerlichen
Handlungsfähigkeit nach sich ziehen. Ob eine strafgerichtliche Verur-
teilung den Verlust von Vormundschaften und gerichtlichen Kuratelen
beziehungsweise die Unfähigkeit, eines dieser Ämter zu übernehmen
bedeutete, war von den Vormundschafts- und Kuratelgerichten von Fall
zu Fall zu entscheiden. Die Rechtsfolgen nach § 26 StG 1852 wurden auf
sicht nach waren die Ehrenfolgen auf bestimmte, entehrende Verbrechen ( wozu er
jedenfalls auch die » Befriedigung [ … ] des entarteten Geschlechtstriebes « zählte )
und auch in zeitlicher Hinsicht zu beschränken.
188 § 35 Z 4 Kaiserliches Patent vom 17. März 1849, womit ein provisorisches Gemeinde-
Gesetz erlassen wird, RGBl 1849 / 170, siehe auch die Verordnung des Ministers des
Innern vom 7. März 1850, womit einige Erläuterungen und nähere Bestimmungen
zu dem provisorischen Gemeindegesetze vom 17. März 1849 ertheilt werden, RGBl
1850 / 116; Art IX Gesetz vom 5. März 1862, womit die grundsätzlichen Bestimmun-
gen zur Regelung des Gemeindewesens vorgezeichnet werden, RGBl 1862 / 18; Pa-
tent vom 26. Februar 1861, RGBl 1861 / 20; §§ 9, 20 Gesetz vom 2. April 1873 betreffend
die Wahl der Mitglieder des Abgeordnetenhauses des Reichsrathes, RGBl 1873 / 41;
§ 8 Gesetz vom 26. Jänner 1907 betreffend die Wahl der Mitglieder des Abgeordne-
tenhauses des Reichsrates, RGBl 1907 / 17.
189 Der Verlust des Adels betraf nur den Verurteilten, nicht aber seine Ehegattin oder
vor der Verurteilung gezeugte Kinder. Mit G vom 3. April 1919 über die Aufhebung
des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden,
StGBl 1919 / 211, wurde diese Bestimmung obsolet.
190 Handlungen oder Verfügungen, die vor der Verurteilung stattgefunden hatten,
wurden in ihrer Gültigkeit nicht berührt.
191 G vom 15. November 1867, wodurch mehrere Bestimmungen des allgemeinen Straf-
gesetzes und anderer damit im Zusammenhange stehenden Anordnungen abge-
ändert werden, RGBl 1867 / 131.
zurück zum
Buch Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin"
Verkehrte Leidenschaft
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
- Titel
- Verkehrte Leidenschaft
- Untertitel
- Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
- Autor
- Elisabeth Greif
- Verlag
- Jan Sramek Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7097-0205-5
- Abmessungen
- 15.0 x 23.0 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Recht und Politik