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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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95 Zur Feststellung der Zurechnungsfähigkeit Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Abwechslungen «, » große Tummheit, Blödsinnigkeit, und Einfalt « die Vernunft nicht gänzlich aus, so waren sie zumindest strafmildernd zu berücksichtigen ( Art 11 §§ 3 und 4 ). Wenn das Gebrechen an der Vernunft für den Richter nicht offensichtlich war, sollte dessen Vorliegen durch beeidete Ärzte nachgeprüft werden. Auch nach § 5 des Josephinischen Strafgesetzes galt der freie Wille als nicht vorhanden, wenn eine Person des Gebrauchs der Vernunft gänzlich beraubt, mithin » unsinnig « war; wenn die Tat während einer Sinnenverrückung oder im Zustand der Be- rauschung; vor Erfüllung des zwölften Lebensjahres oder unter unwi- derstehlicher Gewalt begangen worden war oder wenn der Täter bezie- hungsweise die Täterin aufgrund eines Irrtums gehandelt hatte. Fehlte der freie Wille, kam eine Anschuldigung wegen eines Verbrechens nicht in Betracht. Darüber hinaus untersagte es § 13 dem Richter allerdings, die gesetzmäßig vorgesehene Strafe zu mildern oder zu verschärfen. Mit dem Strafgesetz 1803 wurden die bis dahin vertretenen Zurechnungsleh- ren vom Verständnis der Zurechnungsfähigkeit als biologisch-psycho- logischer Zurechnungsvoraussetzung abgelöst. Den Begriff des » freien Willens « vermied das Strafgesetz 1803, es sah ihn bereits im bösen Vor- satz erfasst.374 Zu den Gründen, die die Zurechnung einer Handlung oder Unterlassung als Verbrechen ausschlossen, zählte § 2 neben der Berau- schung, dem jugendlichen Alter, einem Irrtum sowie Zufall, Nachlässig- keit oder Unwissenheit der Folgen der Handlung wie bisher, » a ) wenn der Thäter des Gebrauches der Vernunft ganz beraubet ist; b ) wenn die That bey abwechselnder Sinnenverrückung zu der Zeit, da die Verrückung dau- erte, [ … ] e ) wenn die That durch unwiderstehlichen Zwang erfolget [ … ]. « Gem § 39 lit a StG 1803 galt Verstandesschwäche, die nicht geeignet war, die Schuld auszuschließen, als Milderungsgrund. Während die lit a ) und b ) des § 2 StG 1803 unverändert in das Strafgesetz 1852 übernommen wur- den, fand sich der unwiderstehliche Zwang in lit g ) des § 2 StG 1852 gere- gelt, nunmehr um die » Ausübung gerechter Notwehr « ergänzt. Die Ver- standesschwäche stellte nach § 46 lit a StG 1852 einen Milderungsgrund dar. Dogmatisch unterschied das Strafgesetz 1852 nicht zwischen den ein- zelnen in § 2 genannten Gründen: Sie alle sollten den » bösen Vorsatz « ausschließen. So sprach auch Hye noch unterschiedslos von » subjec- tive[ n ] Entschuldigungs-Umständen oder auch Aufhebungs-Gründe[ n ] der ( subjectiven ) Imputation eines Verbrechens. « 375 Erst Lammasch 374 Vgl Moos Reinhard, Verbrechensbegriff 241 f. 375 Hye Anton, Strafgesetz 164 f ( Hervorhebungen im Original ).
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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