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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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215 Das österreichische Strafverfahrensrecht in der Zwischenkriegszeit Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ eine » pathologische Erscheinung im Triebleben « attestierte, » die in Verbindung mit einem gesteigerten Sexualempfinden das sittliche Hemmungsvermögen herabzumindern vermag «.882 Aus diesem Grund wandte das Gericht Art VI der Strafprozessnovelle 1918 an. Diese Be- stimmung erlaubte es bei Vorliegen mildernder Umstände, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekamen, statt auf Kerker auf strengen Arrest zu erkennen. Darüber hinaus wurde die Vollstreckung der Strafe gem §§ 1 und 2 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung vorläufig aufgeschoben und für Ludwig A. eine dreijährige Probezeit bestimmt. Der 38-jährige Knecht Ignaz M. wurde dagegen am 22. September 1923 im vereinfachten Verfahren vor dem Einzelrichter zur unbedingten Strafe des schweren Kerkers in der Dauer von sieben Monaten, verschärft durch einen Fasttag monatlich, verurteilt. Er hatte gestanden, in den zwei Monaten vor seiner Verhaftung wiederholt mit den noch nicht vierzehn Jahre alten Söhnen seines Dienstgebers unsitt- liche Handlungen begangen zu haben.883 Nachdem die Geltungsdauer der Bestimmungen über das verein- fachte Verfahren 1926 zunächst nicht mehr verlängert worden war, führte die 2. Strafprozeßnovelle 1934 884 abermals als temporär gedachte Vorschriften über das vereinfachte Verfahren in Verbrechens- und Ver- gehensfällen ein.885 Bei Delikten, die nicht dem Geschworenengericht zugewiesen waren und bei denen das Strafgesetz keine mindestens fünf- jährige Kerkerstrafe androhte, konnte der Staatsanwalt Antrag auf Be- strafung im vereinfachten Verfahren stellen, wenn anzunehmen war, dass die zu verhängende Strafe ein Jahr Freiheitsstrafe nicht übersteigen oder eine Geldstrafe sein würde. § 483 StPO 1873 idF 2. Strafprozeßnovelle 1934 schränkte den Strafantrag des Staatsanwaltes auf Fälle mit leichter 882 OÖLA, BG / LG Linz, Sch 286, Vr VI 57 / 21, Urteil vom 11. November 1921. Zu diesem Fall ist lediglich das Urteil erhalten. 883 Vgl OÖLA, BG / LG Linz, Sch 301, Vr XII E 1062 / 23, Urteil vom 22. September 1923. 884 Verordnung der Bundesregierung vom 9. Februar 1934 über die Einführung des vereinfachten Verfahrens in Verbrechens- und Vergehensfällen ( 2. Strafprozeßno- velle vom Jahre 1934 ), BGBl II 1934 / 82. 885 Die Geltung der Vorschriften über das vereinfachte Verfahren war zunächst in Art IV 2. Strafprozeßnovelle 1934 auf die Zeit vom 5. März 1934 bis zum Ende des Jahres 1935 festgelegt. Durch das Bundesgesetz, womit die Geltungsdauer der Vor- schriften über das vereinfachte Verfahren in Verbrechens- und Vergehensfällen verlängert wird, BGBl 1935 / 428, wurde sie auf unbestimmte Zeit verlängert. Ihr Außerkrafttreten sollte durch Verordnung der Bundesregierung bestimmt werden.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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