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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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319 Das Suchen und Finden von Beweisen Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ bringen ließen, konnten sich die Gutachten dem Beweisthema » Zu- rechnungsunfähigkeit « annähern. Dieses Spannungsverhältnis prägte die Erzählsituation: Das in den institutionellen Rahmen der psychiat- rischen Untersuchung eingebettete Sprechen der Beschuldigten geriet damit zu einer auf ein bestimmtes Ziel ausgerichteten » erzählenden Darstellung « ihrer sexuellen Entwicklung.1435 Die psychiatrischen Gutachten selbst umfassten in der Regel an die zwanzig maschingeschriebene Seiten. Sie zerfielen in den Befund, be- stehend aus der Vorgeschichte und der psychiatrischen Untersuchung, und das eigentliche Gutachten über den Geisteszustand zur Zeit der Tat. Beide Teile waren auch äußerlich voneinander zu trennen.1436 Die Vorgeschichte gab in gedrängter Form den aus den Akten ersichtlichen Sachverhalt wieder, ergänzte ihn allenfalls um bereits früher angestellte psychiatrische Beobachtungen und um die aus den Erzählungen der Be- schuldigten selbst gewonnene Familien- und Lebensgeschichte. Entspre- chend dem Rat anerkannter Psychiater und Sexualwissenschafter zeigten die Sachverständigen großes Interesse an » erblichen « Belastungen.1437 Sie widmeten sich nicht nur der Kindheit und Jugend der Untersuchten, son- dern gingen auch auf körperliche und psychische Besonderheiten der Elterngeneration und weiterer naher Verwandter ein.1438 Der gerichts- ärztliche Blick war im Erkennen von Krankheiten geschult und suchte unweigerlich nach Verbindungen zwischen » Degeneration « und » Perver- sion «. Gleichzeitig sollten autobiographische Schilderungen familiärer Belastung und erblich bedingte » Nervosität « von persönlicher Schuld entlasten.1439 Es galt dabei nicht nur, » Perversion « von » Perversität « abzu- 1435 Zum Begriff der » erzählenden Darstellung «, vgl Hoffmann Ludger, Vom Ereignis zum Fall. Sprachliche Muster zur Darstellung und Überprüfung von Sachverhalten vor Gericht, in Schönert Jörg ( hg ), Kriminalität 100. 1436 Vgl Lohsing Ernst, Strafprozeßrecht 3 263. 1437 Dazu etwa Krafft-Ebing Richard von, Psychopathia 12 309. Müller führt die Vorliebe der gerichtsärztlichen Sachverständigen für » Heredität « auf das hohe Maß an Plausibilität zurück, mit dem sich annehmen ließ, dass ein » angeborener « geis- tiger Defekt auch zum Tatzeitpunkt bestanden habe, vgl Müller Christian, Verbre- chensbekämpfung 39. 1438 So wurden etwa auch Krankenakten von Tante und Onkel des Beschuldigten ein- geholt, vgl OÖLA, BG / LG Linz Sch 324, Vr VI 1530 / 27. Dazu auch Becker Peter, Ver- derbnis 341. 1439 Vgl Müller Klaus, Herzen 212. Hinsichtlich des familiären Hintergrundes wurde etwa das hohe Alter der Mutter bei der Geburt und Alkoholismus eines Elternteils ( vgl OÖLA, BG / LG Linz Sch 295, Vr IX 1098 / 22, Psychiatrischer Befund mit Gutach- ten vom 20. Juli 1922 ) oder geistige Erkrankungen naher Verwandter angegeben
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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