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Verkehrte Leidenschaft - Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
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329 Zusammenfassung Elisabeth Greif • Verkehrte Leidenschaft ¶ Strafverfolgungsbehörden nicht nur Beweise erhoben, sondern auch selbst an der Produktion von Beweismitteln beteiligt waren, zeigen die Strafkarten und Leumundsnoten. Obwohl die zeitgenössische Praxis sich über den » Wahrheitsgehalt « dieser Beweise immer wieder kritisch äußerte, wurde ihre Beischaffung regelmäßig gefordert. Gleiches galt für die Jugenderhebungen. Ihr Inhalt konnte den Juristen als unbe- denklicher gelten, manifestierte sich in ihnen wie auch in den gerichts- ärztlichen Gutachten doch gewissermaßen der » sachverständige Blick «. Psychiatrische Gutachten wurden erstellt, wenn entweder den Un- tersuchungsbehörden selbst Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit der Beschuldigten kamen oder diese sich im Verhör auf eine » krankhafte Veranlagung « beriefen. Damit unterschied sich das Beweisthema der Gutachten grundlegend von dem der übrigen Beweismittel: Es ging nicht um den Nachweis der Tat, sondern um die Frage, ob den Beschul- digten eine unzüchtige Handlung vorgeworfen werden konnte. Die in den psychiatrischen Gutachten enthaltenen Lebensschilderungen der Beschuldigten orientierten sich an dominanten sexualwissenschaftli- chen Erzählmustern konträrsexueller Veranlagung. Die Praxis kannte neben Erzählungen über eine naturhaft-angeborene konträrsexuelle Veranlagung freilich auch Schilderungen einer erst zu einem späteren Zeitpunkt erworbenen » Neigung «: In den wenigen Fällen, die keine » stimmige « konträrsexuelle Biographie erlaubten, sollten traumati- sche Ereignisse das inkriminierte Verhalten plausibel erscheinen las- sen. Auch hinsichtlich der Körperbefunde verblieben die Befunde in gängigen Deutungsmustern von Weiblichkeit und Männlichkeit. Die eigentlichen, abschließenden und weitgehend pathologisierenden Gut- achten schlossen in sämtlichen Fällen eine Unzurechnungsfähigkeit aus, wenngleich sie sich durchwegs für eine » milde « Bestrafung aus- sprachen. Ob das Vorverfahren mit einer Zurücklegung der Anzeige oder ei- ner Einstellung der Voruntersuchung endete, oder ob der Staatsanwalt entschied, Anklage zu erheben beziehungsweise Strafantrag zu stellen, hing wesentlich von den Ergebnissen der Vorerhebungen und Vorun- tersuchung ab. Nur wenn es gelang, ausreichend Beweismittel zu sam- meln, durch die sich in einer anschließenden Hauptverhandlung der Tatbestand der Unzucht rekonstruieren ließ, kam es zu einer Fortset- zung des Strafverfahrens. Anklageschrift und Strafantrag legten sodann das Thema der Hauptverhandlung und auch die wesentlichen an ihr beteiligten Personen fest.
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Verkehrte Leidenschaft Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Aus- und Verhandlungsprozesse vor dem Landesgericht Linz 1918 – 1938
Titel
Verkehrte Leidenschaft
Untertitel
Gleichgeschlechtliche Unzucht im Kontext von Strafrecht und Medizin
Autor
Elisabeth Greif
Verlag
Jan Sramek Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7097-0205-5
Abmessungen
15.0 x 23.0 cm
Seiten
478
Kategorie
Recht und Politik
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