Seite - 9 - in Grillparzers sämtliche Werke - Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
Bild der Seite - 9 -
Text der Seite - 9 -
Einleitung.
taps« seiner van: wehrte und deshalb miß-
liebig genug war, kaun dieser Vorwurf nicht
treffen; daß er aber erhoben werden konnte,
liegt an der Elmralterzeichnung seines Helden,
Bancbanus hat etwas wunderlich Greisenhaftes,
säst mit einem leichten Stich ins Komische, er
tonnte handeln, wie ihn der Nichter handeln läßt
nnd doch wäre jener Vorwurf entkräftet worden,
wenn der Nichter ihn nicht zu sehr zu einem
inneren Kampf des braven Mannes vorgeführt,
deni gcrecitten (>orn über empörende Kränkung
ein beredtes Wort geliehen hätte, das uns die
ganze Schwere feines Opfers mit ihm empfinden
ließe, Tas hat der Dichter verfänmt und ge-
rade dadurch, wie durch die mehr grillenhafte
a>^ lieldenhaste Eharnkteranlage seines Helden
würden die sonstigen, nnlengbaren Vorzüge des
Vellcs, das mehr dramatische Einheit als
Ottokar und einen starken leidenschaftlichen Zug
hat, sehr in den Schatten gestellt. Gleichwohl
hatte die Aufführung am 28, Februar 1828
einen stiirmifchen Erfolg, fic fand aber ein Nach-
spiel, das für die österreichischen Zustände sehr
charakteristisch ist, Dem Kaiser Franz hatte das
Stuck sehr gut gefallen, zu gut; denn er wollte
der alleinige Vcsitzcr desselben'werden; er hatte
die böse Absicht, es gänzlich kalt zu stellen, Der
Ludwigs II, von Bayern erinnert; doch dieser
hatte seine Dichter, bei denen er die Stücke für
Fall sein, Grillparzers Stück war fchou gegebcu
worden; es sollte nur von jent ab von der Bild-
Wilien sei,,er Majestät Mitteilung gemacht IMle,
s^'llt,' dieser dann eine Berechnung der ihm ent-
gehenden Einnalmien auf, aus welcher hervor-
vorgehende vormissichtliäie Erlrag dei weitem
höher war, als die Summe, die »lle Vühuen ihm
gezahlt hätten; das ist heutzutage anders. In
Majestät keinen offene» "Widerspruch entgcgcn-
se!xn tonnte, findet sich doch eine Weudung, die
d.'n Männcrswl; vor Königsthronen nicht Lügen
straft: „Wenn Se, Majestät für gut finden
Vorteil überschwenglich zu erfüllen, so würde ich
immer nnr durch die Hoffnung aufrecht erhalten,
daß nach dem Vorübergehen gebietender mir
meines Stückes ohne weitere Umstände werde
erfolgen können, Ner Tadel EsauZ würde gleich
groß sein, wenn er seine Erstgeburt, statt um
ein Linsengericht, um Tonnen Goldes hingegeben
hätte," Der Nichter erkannte auch, daß er selbst
es nicht mehr in der Gewalt habe, eine Weitcrc
Verbreitung des Stücles zu hemmen. Mochte dies dem Kaiser einleuchten oder die von Grill-
parzer aufgestellte Rechnung ihm zu hoch er»
Solche Erfahrungen hatten ihm gezeigt, daß,
wie er selbst sagt, „historische Stoffe zu be-
fährlich sei," Er kehrte also zu einem roman-
tifchen Stoff zurück, den er schon 1817 zu bc-
liandeln angefangen, „2er Tranm ein Leben",
und wendete sich außerdem wieder Stoffen aus
Schicksal, welches der griechische Grammatiker
Mnsäus uns erzählt nnd welches Schiller zu
einer im pathetischen Stil gehaltenen Ballade
begeistert hat, gab dem Dichter den Stoff zu
einer Liebestragödie, die unter dem elwas ge-
suchten Titel: „Des Meeres und der Liebe
Wellen" am 5, April 1831 am Burgtheater in
diert, die letzten gingen ohne Anteil vorüber.
Mehr Skizze als Bild — sagt der Nichter von
dein vierten Akt; doch ani Stoffe selbst lag diese
Schicksal der Liebenden bestimmte, vermochte der
Nichtcr nicht unter den aninntigsten lyrischen
Duftfchleicr zu verbergen, Tas Meer begrub
den Leander — und damit war eigentlich die
für zwei Akte uicht mehr aus; doch das Liebcs-
drama der ersten drei Akte enhält Szenen von
großer dichterischer Schönheit, so daß einige
Verehrer des Nichters dies Trama der Shate-
an die Seite setzten, Tas Wiener Publikum
war indes anderer Meinuug; schon nach vicr
Aufführungen verschwand das Trauerspiel von
der Bühne des Burgthcaters, bis Laube lang»
Großen Erfolg dagegen hatte das Märchen „Ter
Trnnin ein Leben", welches am ^, Oktober 1834
zum crs^nmal in Szene ging. Schon bald nach
der „Sappho" hatte sich der Dichter, angeregt
Hero nnd Leander auf der Bühne erschien, nahm
er den Stoff wieder vor nnd behandelte ihn in
dem Bnrgtheatcr heimischen Dichtungen gcläuf g
u'iir, Tancben übten die bunte Fülle der Be-
gebenheit«!, die farbenreichen szenischen Vor-
gänge ihren Reiz auf das große Publikum aus.
Dabei ist die Grnndstimmnng eines ängstlichen
Traums gewahrt, der uns mit allerlei Schreck-
nissen heimsucht, anch mit dem schlimmsten
Schrecknis, den Quälen des Gewissens, Der Held
das böse Prinzip, in Gestalt des Voltaircschcn
Schwarzen, gewinnt die Herrschaft über ihn, er
löst fich beim Erwach.'n wieder in die idyllische
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515