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158 Das goldene Vlies,,
Vierter Auszug.
Wcdca licg! hmgrlttlckt n„! dir Etufcn, die zu ihrei Wohnung
Gora
Steh auf, Medea, und sprich!
Was liegst dn da, starrst schweigend vor dich
hin?
Steh ans und sprich!
Rate unserm Jammer!
Kinder! Kinder! Mcdca.
Gora.
Fort sollen wir, eh' dunkelt die Nacht,
Und schon senkt sich der Abend.
Auf! Nüste dich zur Flucht!
Sie tommcn, sie töten uns!
Mcdcn.
O meine Kinder!
Gora.
Steh auf, Unglückselige,
Und tüte mich nicht nnt deinem Jammer!
hältst mir gefolgt, mich gehört,
Wären wir daheim in Kolchis,
Die Deinen lebten, alles wär' gut.
Steh aus! Was hilft weinen? Steh auf!
Mcdca
liegend».
So kniet' ich, fo lag ich,
So streckt' ich die Hände aus,
Aus nach den Kindern und bat
Und flehte: Lines nur,
Ein einziges von meinen Kindern —
Gestorben wär' ich, mußt' ich das zweite missen —
Aber auch das eine nicht! — Keines tain.
Flüchtend bargen sie sich im Schoß der Feindin,
lAuI!piin>,e,id.>
Er aber lachte drob und sie!
Goia.
O des Jammers! — Tes Wehs!
Mcdca.
Nennt ihr das Vergeltung, Götter?
Liebend folgt' ich, das Neib dem Mann:
Starb mein Vater, hab' ich ihn getötet?
Fiel mein Bruder, fiel er durch mich?
Beklagt hab' ich sie, in Qualen beklagt,
Glühende Tränen goß ich aus
Zum Trankopser auf ihr fernes Grab:
Wo kein Maß ist, ist keine Vergeltung,
Gora. Mcdca.
So will ich sie treffe», wie die ^witer mich!
Ungestraft fei kein Frevel aus der ^rdc!
Mir laßt die Nache, Götter! ich führe sie >,u .^
Goill.
Teuf ans dein Heil, auf andres nicht!
Mcdca.
Und was hat dich denn so weich gemacht?
Schnaubtest erst Grimm, und nun su zagend?
Gor».
Laß mich! Als ich die Kinder fliel,» sah
?en Arm der Mutter, der Pflegerin,
Ta erkannt' ich die Hand der Götter i
Va brach mir das herz,
Ta sank mir der Mnt.
hab' sie gewartet, gepflegt,
Sie, meine Freude, mein Glück;
Nie einz'gen reinen Kolchcr sie,
An die ich wenden konnle
Die Liebe sür mein feines Vaterland
Tn warst mir längst entfremdet, längst!
Ten Vater dein und deinen Bruder,
Mein Künigshaus und dich,
Wie du warst, nicht, wie du bist,
hab' fie gehütet, gepslcgt,
Wie den Äpfel meines Auges,
Und nun —
Medc«.
Lohnen fie dir, wie der Undank lohnt.
Gor».
Schilt nicht die Kinder, fie find gut!
Meden.
Gut? Und fliehen die Mutter?
Gut? Sie sind Iasons Kinder!
Ihm gleich an Gestalt, an Sinn,
hätt' ich sie hier, ihr Dasei» in meiner Hand,
In dieser meiner ausgestreckten Hand,
Und ein Trnck vermöchte, zu vernichten
Ätl, was sie sind und wnren, was sie werden
sein —
Sich her! — Jetzt wären sie nicht mehr!
Gorn.
O, weh der Mutter, die die Kinder haßt!
Mcüea.
Und was ist's auch mehr? was mehr?
Bleiben sie hier beim Vater zurück,
Veiin trenlosen, schändliche» Vatcr,
Welches ist ihr Los?
Stiefgeschwister komme»,
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515