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König Ottokars Glück und Vnde. 185
Königin
Zeig her!
<«ie entwickelt den Zettel unk liest die Auüchnft:»
„Ter Schönsten!"
Ha, Verwegner!
Nimm hin das Zeugnis deiner frechen Torheit!
lind wngst du's iwch einmal, dich >uir zu nahn,
So soll dcr König deinen Frevel strafe»!
Zllwisch
Nun denn, so wißt, daß ich Euch dienend folge,
Schon lang' brennt das Geheimnis meine Brust,
In diesen Zeilen wagt' ich's zu gestehen,
Verloren bin ich, .Herrin, wenn Ihr zürnt.
lüi steht »uf und „cht,>
Königin.
ha, lachen muß ich wahrlich des Verrückten!
Kammeifräulein.
Seht, gnäd'ge Frau, so lomm' ich, Hand kehr um,
Zu einem Ritter und zu Minncdicnst.
Königin.
Und glaubst du wirklich, dich hab' er gemeint?
Nach mir blickt er, dcr Übermütige, Freche!
Kommcrfräulcin.
Ci, gnäd'ge Frau, was tut'Z? Der Wahn schon
schmeichelt
Von solcher Werbung und von solchem Nittcr.
Königin.
Von solchem Ritter? Lachen machst dn mich!
Kllmmcrfrüulcin,
Ja, gnäd'ge Frau, im ganzen Böhmerland
Ist tciucr, dcr dcm Zawifch sich vergleicht
Von Noseubcrg, Den edlen Gang, die Haltung,
Ihr saht sie, Königin, so gut als ich!
Doch auch an Heldenmut, an Tapferkeit
Steht er vor allen, die sich Ritter nennen.
In Padua hat er jahrelang studiert,
Auch macht er Reim' und singt sie zu dcr Zither,
Königin.
Kammcrfräulc!».
Eo schlimmer, gnäd'ge Frau?
Königin.
Vei nns daheim lohnt mau dic Iithcrspicler
Mit Gold und mit Verachtung,
Kummcrfräulcin,
Manch Edler ciscrt mit den Troubadours, Und dicscr Zawisch hat sich manches Herz
Ersungeu bei den Klangen seiner Zither.
Ihr sollt gleich sehn!
Königin
«hat sich geletzt,!
Er soll mir'Z Wahrlich büßeiN
Kammcrfräulein lliest),
„Ter Schönsten!" — Nun, ich nehm' cs dankbar
hin!
„O Hand von Schnee" —
Königin.
O Hand von Schnee, was heißt das?
Kümmrifräulein.
Weiß wie Schnee
Königlu
Ich denk', er hat dic Hand noch nie gesehn,
Tcn Handschuh höchstens!
Kllmmerfräulein llelend),
„O Hand von Schnee,
Und doch so heiß,"
Kllmmcrfräulcin.
Beliebt Euch, gnäd'ge Frau?
Königin.
Lies weiter nur!
Ich wollte sagen: tu, was dir gefällt!
Kllmmcrfräulcin,
„O Hand von Schnee,
Und doch so heiß;
O Blick, so feurig,
Und dennoch Eis!"
Königin.
Ich wolll', er wäre Glut und träfe dich!
Ich wollt' ihn martern, bis ich voll gerächt.
Kllmmcrfrüulcin.
„Ner Mund, so süße,
Spricht herber Art;
Tie Brust, ob wogend.
Nicht minder hart."
Tchwcig still! Königin.
„O Blick, erwärme,
O Brust, erweich!
O Hand —"
Königin.
Ich sage dir, du sollst verstumment°
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515