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Des Meeres und der Liebe Wetten. 289
Im Haine sahn. Au wohl seitdem — Leander!
Birg "nicht dein Äug'! zu spät! Tcnn es gcstand.
Nun, du warst dort heut nacht, statt hier zu
ruhn,
Fandst glücklich aus den ciuz'gcn Platz der Lan-
dung
lind standst am Turm, den feuchten Blick empor,
Liebäugelnd mit dem Licht in ihrer Kammer;
Sahst ihre Schatten an den Wänden jliehn,
Beglückt, um höhern Preis nicht, als den Tod,
Im Übermaß von so viel Glück zu schwelgen,
Leander.
Armseliger!
Naulleros.
Auch das! Die Schild'rung war zu schwach.
Du sahst sie, sprachst mit ihr, fandst haus und
Pforte
Geöffnet, unbewacht, tratst ein — ?
Leander
Naukleros!
Fühlst du den Kuß? Und weißt du, wer ihn
gab?
Naullcros.
Laß ab! Nein Kuß ist Tod!
Leander,
So furchtsam?
Nauklcros feig?
Naulleros.
Nun ja, ich seh' es wohl, wir haben,
Nie Plähe haben wir getauscht, Ich furchtsam,
Nu kühn; Leander frohen Muts, Naukleros —
Ich werde doch uicht gar noch weinen sollen?
Wohlan, geh in den Tod! Nur eines,
Diesmal such nur ihn nichts bleib fern von
Sestos!
T« Nvnws s^im' ^rcundespflicht versäumt,
Isini selber wies die totgeschwellten Früchte,
Selbst wob das Netz, das klammernd ihn umfiuug.
Leander!
Leander,
Vist du krank? Was kommt dir au?
Naullcros.
Hast du doch recht, uud fürdcr auch kein Wort!
Wer sprach' auch wohl zum brandend tauben
Meer,
^,uin lauten Sturm, dem wilden Tier der Wüste,
Nas achtlos folgt der nngeborncn Gier?
Narnin kein Wort! Nur, denkst du irgend noch
Ner Freundschaft, die uns einst —?
Leander.
Nauklcros! einst?
müiche Weile. I. Nüullcros.
Laß das! Es spricht die Tat. Schein' ich dir
irgend
Noch eines kleinen, arnn'u Dienstes wert,
Tu mir die Lieb' und öffne jene Tür.
Leander.
Wozu?
Naulleros.
Ich bitte dich.
Leander.
Ncr Schlüssel, weißt du.
Liegt unterm Stein.
Naullcros.
Tu's selbst.
Leander
<der tne Tür dei Hütte geöffnet ha»,
Vs ist geschehn.
Naulleros.
Wohlan! Und daß ich dankbar mich erweise:
Geh dort hinein!
Leander.
Ich nicht,
Naullcros.
Nu sollst! Du mußt!
Ter Stärlre war ich stets, der Ältre bin ich.
Und jetzt stählt Sorge dreifach meinen Arm.
lLeandei anfassend.,
So fass' ich dich, so halt' ich dich, so drück' ich
Tich an den Grund. Gehorchst du wohl?
Leander
halt ein!
NlN!llcr«s (ihn loslassend).
Armseliger! von Lieb' uud Wellen matt!
Und min hinein!
Leander fzulückwcichenb).
Fürwahr, ich werde nicht!
Naullcros
ühn anlassend und zurückdrängend,,
Tu Wirst, du sollst, du mußt!
Leander.
Laß ab!
Nlnillcrüs.
Vergebens!
Nnn zn die Tür!
<Vl dreht den Cchlüsscl,!
lind schwimm du künftig wieder!
Ich will als Schließer felbst dir Nahrung
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515