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292 2es Meeres und der Liebe Wellen.
Priester.
Nach den Ereignissen der letzten Zeit
Kann sie nicht weile» nnchr in unserm Hause
hcio.
Ich sagte dir, du tust dem Mädchen unrecht,
Priester.
Noch wie erweisest du'Z?
Hcro.
Ich glaub' es so.
Priester.
Auf ein Gefühl auch?
Her«.
Auch auf ein Gefühl,
Priester.
Noch ich will Klarheit, und Ianthe scheide.
Her«.
Verzeih! Tu weißt, das kaun nicht ohne mich,
Nie Mädchen sind der Priestern» befohlen,
Und meine Rechte tenu' ich so wie meine —
Ich kenne, Herr, mci» Recht.
Pricstcr.
Wie meine Pflichten;
Nn wolltest sagen so?
Her».
Ich wollte, Herr,
Und sag' es jetzt' auch meine Pflichten kenn'ich;
Wenn Pflicht das alles, was ein ruhig herz,
Im Einllnna, mit fich selbst und mit der Welt,
Nein Recht genüber stellt der andern Menschen,
Priester.
Teni Recht der Götter nicht?
Hero.
Laß »ns nicht klügeln!
Gib deinem Bruder und dir selbst sein Teil;
Die Götter sind zu hoch für unsre Rechte,
Pricstcr.
Tu bist gereift.
Hcro.
Nun, Herr, die Sonne scheint,
Und auch der Mond läßt wachsen Gras und
Kraut.
Priester.
Ta du so streng ob deinen Rechten hältst.
So muß ich bitten dich, mir zu verzeih»,
Naß ich erbrochen deiner Mutter Schreiben,
Hera.
Wa§ mein ist, ist auch dein.
Priester.
Ich wollte wohl, Tu läsest diesen Vrief, ob einer Varnung,
Tic er enthält.
hcra.
Gewiß, ich werde. Morgen.
Priester.
Nein, beut! Wär's nicht zu vie!, ich bäte dich,
Ihn jeht zu holen, gleich.
Hcru.
Tu quälst mich, Ohm,
Allein, damit du siehst — Ist's noch nicht Abend?
Pricstcr.
Hcro.
Ich hole denn das Schreiben,
lmit uciimdlichcm 'Ausdruck!
Taniit du siehst, wie sehr ich dir zu Tienst,
Priester.
Mein Innerstes bewegt sich, schau' ich sie!
So still, so tln,i, so ^l'rnniaii in ,^l>ein,
Und innm'r cn>n,I,t es mir, ich uinsit' ilir sagen:
Vlick aus! Tns Unheil gähnt, ein Abgrund,
Und doch ist sie zu sicher und zu fest.
<^iuu' ich ihr Zeit, und taucht ihr heller Sinn
Auf aus den Fluten, die ihn jetzt umnnchten,
Nenkt sie ans Mittel nur, ihn zu erretten,
(intzieht den Strnsbarn unsrer Schlingen !oast
Und ist so mehr nnd sichrer dann verloren,
Das Unerlaubte tollkühn unternahm —
3ei'>> auch, das; sie berührt nach Iugcndart —
Muß im Verständnis sie ihm selbst die Zeichen,
Nie Mittel jcll'st ,I,m dirtcn seiner Tat?
Wa> dort? Tic Lampe strahlt. Unselig Mädchen,
Sie leuchtet deiner Strafe, deiner Schuld,
TempcllMcr.
Siehst dn das Licht?
Pricstcr.
Ich seh's. Sprachst du die Fischer?
TempeUiütcr.
Ja, Herr, Sie rudern nicht, wie du befa!,!st,
heut nacht ins Meer, das hoch geht ohnehin,
Priester.
So besser denn! Tu folge nun, sie kommt.
l2ie entjcrncn sich u«ch dei Imlen Tcito,!
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515