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Der Traum, ein Leben. 301
Wohl ein Jäger schreitet her,
In der lauten Noggcn Mitte,
Wohl ein Jäger, doch nicht er, —
Trage, wunder Busen, trage,
Bist des Tragens ja gewohnt!
<3,',!t sich,!
Abend ist's, die Schöpsung feiert,
lind die Vögel ans den Zweigen,
Wie beschwindle ^ilbcrglöckchen,
Nnheud, selber zn erfüllen.
Alles folgt dem leisen Nnfe,
Alle Angcn fallen zn;
Und die Blume senkt in Nuh'
Ell'luinmcrfchwcr das Haupt zur Erde.
Steigt empor die stille Nacht,
Ausgelöscht des Tages Kerzen,
Bicit^t sie den dunkeln Vorhaug
Und summt säuselnd sie i» Schlaf,
Um in Berges duulleu Tchlnndcu,
Was er hier vermißt, zu finden.
Und mich tötet hier die Angst —
Jener Jäger, Kaleb ist'Z
Mit den, «leinen au der ^nist.
Wie er eilt, sie zn erreichen!
Und der Kuabc streckt die Hände
Im,,i,-^nd nach dein Vater ans,
Ihr seid glücklich! — Ja, ihr feid's!
Mllssud.
Mirza!
Milz« (emp°>1,>hrc„d>,
Nustan!
Mnssnd,
Mädcl'en, liissisl du den Vater
In der Nämmrung so allein?
Mirza.
Ach, verzeiht! ich wollte sehen —
Mnssuo.
Ob er komme?
Ach, jawohl. Nun, »nd — Massu».
Mirza.
Keine Spur.
Mllfsud.
's ist svnt.
Mirzn.
"Nacht beinahe. Alle Jäger
Ilingsum aus der ganzen Gegend
Sind znrück schon von den Bergen;
Muß ich sie nicht täglich zählen,
Wemi den letzten ich erwarte?
Alle Jäger sind zurück,
Ei allein streift noch im Tunlcln,
Mllssud.
Ja, fürwahr, ein wilder Geist
Wohnt in feinem düstern Vnsen,
herrscht in seinen: ganzen Tun
Nur von Kämpfen und von Schlachten,
Nur von Kronen uud Triumphen,
Von des Kriegs, der Herrschaft Zeichen
5x'rt man feiu Gespräch ertöueni
Ja, des Nachts, entschlummert kaum,
Spricht von Ȋmvfen felbst sein Traum,
Während wir des Feldes Mühn
Sieht man ihn bei Morgens Glühn
Schon nach jenen Vergen eilen,
Vort, uur dort im düstern Wald
Ist des Rauhen Aufenthalt i
Vu bist, alles ist vergessen,
Und es scheint ilnu hohe Lust,
'mal die Wildheit seiner Vrnst
An des Waldes Wild zu messen, -
Ich beklage dich, mein Kind,
Mirza.
Scheltet drum ihn nicht, nicin Vater!
War er doch nicht immer fo.
Wo er sanft war, fromm und mild.
Wo er stundenlange saß
Auf dem Grund zu meinen Füßen,
Bald des Hauses Arbeit teilend,
Vald ein Märchen mir erzählend.
Bald — o, glaubt mir, lieber Vater!
Hat er seither sich verändert,
Mllssud.
Wähnst du, mich zn ül'i'rzeugcn,
lind lan„st es dich selber nicht?
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515