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T>ei Traum, cin Leben. 303
Masjull.
Sei ruhig, Kind!
Osmin ist schon heimgekehrt
Aber Nustan ahnet wohl,
?as> ,üir Knnde seiner Naschheit,
Kauni wird s uullcnds Nacht, so schleicht er,
Tainm, Mirza, laß uns gehn;
Unsre Gegenwart, bcdünlt mich,
Hielt ihn wohl so lauge fern.
Mirza.
Und Ihr zürnt ihm?
Massud.
Sollt' ich nicht? —
Siehst dn mich schon flehend an?
O, ich weiß wohl, jedes Wort,
Tadelnd, rauh zu ihm gesprochen:
Wie cin Pfeil aus schwachen Händen,
Prallt Uon seinem starre» Busen
Und dringt in dein weiches herz.
Komi» nur, komm! Ich will nicht schelten,
«Vcide in dic Hütte °b,>
Komint nur, Herr! die Lnft ist rein!
Zangll.
Munter, Herr! Was soll das heißen?
Was ist Arges denn geschehn?
Naß Ihr einem platten Jungen,
Ner recht uuUcrständig prahlte,
Euch zu höhne» sich erfrechte,
Das ist alles, Uud was weiter?
Euer Oheim wird wohl schelten;
Sei es drum! Gönnt ihm die Lust.
Nustan.
Glaubst du, daß ich seine Worte,
Seines Tadels Ausbruch scheue?
Was ich tat, tan» ich vertreten;
>iönnt' ich's nicht, ich wär' nicht hier,
Nicht der Schmerz, den mir sein Zürnen,
Ter, den es ihm selber kostet,
Uacht mich seinen Anblick >liel>n.
Könnt' er all doch seine Sorge,
Einem Fcuergnsse ströme»
Auf dies unuerwahrte herz
Und dann talt und ruhig bleiben Bei des Wilden Tun und Treiben,
hier! er lühle seinen Schmerz,
Aber, daß ich sehen muß,
Gleich entzügclt wilden Pferden,
Nord- und füdenwärts gespannt.
An dem Leichnam unsers Friedens,
Naß ich sehe, wie wir beide,
Bürgern gleich aus fremden Zonen,
Bang uns gegenüber stehn,
Einer mit dem andern zürnend,
Ob gleich Lieb' in beider herzen,
Und der Gruß der frommen Lippe
Fluch scheint in dem fremde» Ohr:
Nas ruft diesen Schmerz empor.
Nun, so lernt denn seine Sprache,
Er wird Cure nimmer lernen!
Und wer weiß? An Lektionen
Läßt's der alte Herr nicht fehlen.
Bleibt im Land und nährt Ench redlich!
Auch die Nuhe hat ihr Schönes,
Nuftau.
Spotte nicht! Denk an Osmin!
Gleicher Lohn harrt gleicher Frechheit,
ha, bei Gott! Es soll tcin Prahler
Nen verschämten, keuschen Tegcn
Wiegend auf den glatten Schenkeln?
Er soll's nicht, wenn nicht sei» Kopf
harter ist als Osmins Schädel,
Tücht'ger ist als diese Faust,
Bin ich nichts, ich kann noch werden.
Nasch und hoch ist heldenbrauch;
Ei, bei Gott! das kann ich auch.
Zanga.
Herr, Ihr sprecht nach meiuem heizen.
Nustll».
Wie so schal dünkt mich dies Leben,
Wie so schal und jämmerlich!
Stets das heute nur des Gestern
Und des Morgen flaches Vild^
Freude, die mich nicht erfreuet,
Leiden, das mich nicht betrübt,
Und der Tag, der, stets erneuet,
Nichts doch als sich selber gibt.
O, wie anders dacht' ich's mir
In cntschwundnen schönern Tagen!
Zanya.
's ist auch'anders, mnß ich sagen.
Nur Geduld! es wird schon tommen.
Zeit tut alles, Zeit und Mut.
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515