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Sncht einen andern Koch für eure Fastcu,
Glaubt Ihr, für Geld hätt' ich dem Öcrrn ge«
d?
Es gibt wohl andre Wege noch und
Sich dnrchzuhelfcu, fur ',u'u >lerl, wie ich,
Toch, fah ich Euren Meister dnrch die Straßen,
Mit seinem weißen Bart und Lockenhaar,
Tns Hanpt gebeugt von Altcrslast,
Und doch gehoben von — ich weiß uicht >v>>?,
Noch von was Edlem, .Hohem mnß c? scin ^ —
Tic Augen aufgespannt, als säh' er Bilder
2)a rief's in mir: Tem mußt dn dienen, dein,
Uud wär's als Stallbnb, Also kam ich her.
In diesem Hans, dacht' ich, wär' G>,'tte>fr>Vdc,,,
Sonst alle Welt iu «rieg, Nnn, da iä, Iner,
Nun mnß ich sehn, wie er das Brot sich abtiilippt,
Als hätt' er sich zum ^uug.rtod verdammt,
Wie er die Bissen sich zum Munde zählt i
Hausverwalter,
Was sorgst du nnlir um ihn, als selbst er tut?
Ist er nicht kräftig noch für feine Jahre?
Leon.
Mag sein. Doch ist's was andres noch, was
Ticfre^,
Ich weiß es manchmal deutlich anzugeben,
Und daß ich jetzt so eiueu schmnh'geu flecke»,
Als Geiz ist, so 'nen hämisch garsl'^-u
Auf seiner Reinheit weißem Kleide seh'
Und sehen muß, ich tu' auch, was ich will:
Tas seht mir alle Menschen fast herab,
Mich selber. Euch, kurz alle, alle Welt,
kann.
Kurz, ich geh' fort, ich halt's nicht läuger aus,
Hausverwalter.
Und das willst du ihm sagen?
Leon.
Ja, ich will's.
Hausverwalter.
Tu könntest's wagen?
Leon.
Ei, wohl mehr als das,
Er soll sich vor mir reinigen, er soll
Mir meine gute Meinung wieder gebeui
Und will er nicht, nun wohl denn, Gott be-
fohlen!
Pfui, Schande über alle Knauserei! Hausverwalter,
Tes wagst du ihn zu zeihn, den fromme,i M^,,,,?
Weißt du denn nicht, daß Arme, Blinde, ^ilnnc
Ter Säckel find, dein er sein Geld vertraut?
Leon.
Wohl gibt er viel, und segn' ihn Gott dafür!
Toch heißt das Gutes tun, wenn man dem
Tie Spende gibt, dem Geber aber uimmt?
Tann seht! Er ließ mich nenlich ruf.u
Uud gab mir Geld aus einer großen ?rul,e
— Tic Küchcnrcchnung nämlich für die Wocl,e —
Und fah ihn zehnmal au >md küßt' ihn endlich
Und steckt' ihn in ein Säckel, das gar groß
Und straff gefüllt im Winiel stand drr Tvuhe,
Nun frag' ich Ench: ein frommer Mann
Und küßt das Geld, Ein Maun, der hnngcr
leidet
Und Spargnt häuft im Säckel, straff gefüllt,
Wie nennt Ihr das? wie nennt Ihr so 'nen
Maun?
Ich will sein Koch nicht sein, ich geh' uud fag'
ihm's,
Hllusvcrwalter.
Tu töricht toller Vurfch, willst du wohl bleiben?
Störst du den gutt'n Herrn, und ebe» heut,
Wo er betrübt im Innern feiner Seele,
Weil Illhistag grade, daß fei» frommer Neffe,
Sein Atalus, nach Trier ward gesandt,
Als Geisel für den Frieden, den man schloss
Allwo ei jetzt, da neu entbrannt der Krieg,
Gar hart gehalten wird vom grimmen ^"»d,
Ter jede Lösung unerbittlich weigert,
Lcon.
Tcs Herren Neffe?
Hausverwalter,
Wohl, seit Jahresfrist.
Lcon.
Und hat man nichts versucht, ihn zu befrei»?
Hausverwalter.
Gar mancherlei, doch alles ist umsonst,
Tort kommt der >>rr, veifuule» iu Betvachtimg,
Geh aus dem Wege, Vurfch, uud stör ihn nicht!
Lcon.
Er schreibt.
Hausverwalter.
Wohl an der Pr.-digt für deu Festtag.
Lcon.
Wie bleich!
Hausverwalter.
Jawohl, und tief betrübt.
Lean.
Toch sprechen muß ich ihn trotz allcdem.
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515