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Die Jüdin von Toledo. 407
Nie Zeit wird komme», freund, wo jeder Mensch
Ein Wcchsclbrief, gestellt auf kurze Sicht,
Ich bin des Königs Nat, Weuu Ihr nun selber
Einträchtig wolltet gehn mit Ifaals Glück —
Eiu!> ächtig ich mit Luch? Es ist mein Fluch,
Daß mich dcr Zufall und der leid'ge Ans^cin
Gemengt in dieser Torheit wüstes Treiben,
Das Pflicht und Eid auf harte Proben stellt.
Isalll.
Mein Nachclchcn steigt täglich in dcr Gunst,
Garccra»,
O, daß doch dieser König seine Jugend,
Der Knabcnjahre hast'gen Ungestüm,
In Spicl nud Tand, wie mancher sonst, »erlebt!
Allein als Kind uun ^äuncrn nur u>,!gc>,'^ !i,
Von Männer» großgezogen nnd gepflegt,
Genährt vorzeitig mit dcr Weisheit Früchten,
Selbst seine Ehe treibend als Geschäft,
Kommt ihm zum erstenmal das Weib entgegen,
Das Weib als solches, nichts als ihr Geschlecht,
Und rächt die Torhcit an der Weisheit Zögling,
Das edle Weib ist hall, ein Maun, ja ganz;
Erst ihre Fehler machen sie zu Weibern,
Und nun ist auch der Widerstand besiegt,
Zum bittern Ernst wird ihm das lose Spiel.
Gehört zu seinen, vecr, ich füln'' ilm liin.
Und eucr Blendwerk fällt zurück ins Nichts,
Isllül.
Versucht's, ob's Euch gelingt, Wcun nicht mit
uns,
So seid Ihr gegen uns, Ihr brecht den Hals,
We»,i Ihr den weiten Abgrund überspringt,
<Mul>! von Flöten ertont,!
Hört Ihr, dll kommen sie mit Zimbeln nud
Posaunen,
Wie AhasueiuZ mit dem Weibe Esther,
Die unser Volk zu Glanz und Nuhm erhöht.
Muß ich in dieses Königs üpp'gem Treiben
Mein eignes Vild aus frührer Zeit erspähn
Ein Schiff, »ns dem der «üniss mit Rnhcl und Gcjulgr,
König.
Legt an! Hier ist der Platz und hier die Laube,
Nal,cl.
Dcr Nachen schlittert, haltet ein, ich falle. Mhcl.
Und hier auf diesem Vrett, das schwanl unl>
schräg,
^oll ich anZ Ufer?
König.
hier nimm meine Hand.
Nahel.
Nein, nein, mir schwindelt,
Gaicerlln <»°i liihi.
Schwindelt's dir, fürwahr?
König
Nun ist'Z geschehn, das übergroße Werk.
Mhel.
Nein, uie betret' ich, nimmermehr ein Schiff.
Erlaubt, mein hoher Herr, Ich bin so schwach,
lind fühlt mein herz, es schlägt, als wär's u:i
Fieber.
Die Furcht ist Wcibcrrecht. Doch Ihr miß"
braucht's.
Nühcl.
Und nun entzieht Ihr mir hartherzig Enro
Stütze,
Auch dieses Gartens Gänge, nicht mit Sand,
Mit scharfen Steinen sind sie roh bestreut,
Für Männeitritt und nicht für Franeuschrilte.
König.
2egt eiucn Teppich ihr und macht ei» Ende.
Nahcl.
Ich fühl' es wohl, ich bin Ench nur zur Last.
O, wäre meine Schwester nnr erst hier,
Tcuu ich bin krank uuü sterbeus-todesmatt.
Nur diefe Kiffen hier?
Nein! uciu, nei», ncin!
Könlg llochcnd).
Die Mattigkeit zum Glück läßt etwas nach.
Ach, Garceran! Sieh nur, sie ist ein Kind!
Garccrlln.
Ein sch^ verwöhntes, scheint's.
Es steht ihr wohl. So sind sie alle.
Gaircran.
Nachdem nun dcr Geschmack.
König.
Sieh, Garceran, ich fühle ganz mein Unrecht;
Doch weiß ich auch, daß eines Winkes nur,
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515