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Libussa, 481
Beschäftigt niit — weis; ich doch kauni, womit —
Mit Mitteln zu den Mitteln eines Zwecks:
Mit Mond und Sternen, >näntcrn, Lettern,
Zahlen,
Dünkt's allcrnieist einförmig nnr und kahl.
Dies Klcid, es reibt tne >?a»t ,nit dichtern Fäden
Und weckt die Wärme bis znr tiefsten Brust;
Mit Menschen Mensch sein, dünkt von heut mir
Lust,
Des Mitgefühle? Pulse fühl' ich schlagen,
Drum will ich oicscr Menschen Krone tragen,
heraus, Wladiken! Tschechenvolk, heraus!
Die Jungfrauen trule„:
Libussa Hierzogin! Der Böhmen Fürstin!
Täuscht unser Ohr, und hörten wir genau?
Erkürt der Böhmen Fürstin, unsre Frau?
Und welche will — ?
Libüssn.
Hier ist von Wollen nicht,
Von Müssen ist die Nede nnd von Pflicht
Und da nnn eine muß aus unsrer Zahl,
So will ich und begebe mich der Wahl.
Libnssa, du?
Libufsa.
Uud minder gut vielleicht als sie und minder
weise,
Nm ilmcn U'ürdc Hohes gut beruhn;
Noch handelt sich'Z um irdisch niedres Tun,
Wo zu viel Eiusicht schädlich dem Vollbringen,
Fernsichtigkcit geht fchl in nahen Dingen,
Wenn nun des Vaters Geist auf mir beruht,
So fügt fich's, wie es kann, und, hoff' ich, gut.
Seid ihr's zufrieden?
Die Abgeordneten Mend),
5>och, Libussa, hoch!
Der Böhmen Herzogin, der Tschechen Fürstin!
Libusfa.
Steht auf! sind's diese nicht und dieser Ori,
Wa^ cnch zu Boden zieht. Noch hört mein Wort,
Es hielt euch fest des Vaters strenge Rechte
Und beugt' euch in ein heilsam weises Joch,
So widert mir die starre.Härte doch.
Wollt ihr »nn meiu als einer Frau gedenke,i,
Lenksam dem Zaum, so daß kein Stachel not,
Will freudig ich die Ruhniesbahn euch lcnlcn,
Ein übcrhörtcs war' mein letzt Gebot,
So wie ich ungern nun von hinnen scheide,
Lenkt' ich zurück dann meinen müden Lauf
Und träte bittend zwischen diese beide-
Ihr ncl>mct, Schwester», mich doch wieder nus?
GiillplirzerZ lämtliche Vcr^, I, Kaschn,
Nenn dn's noch kannst, von Irdischem um-
nachtet!
Tetla.
Wer handelt, geht oft fchl.
Libufsa.
Auch wer betrachtet.
Nicht fruchtlos sollst du, zweimal nicht uus
mahnen,
tauen,
Lilüifs»,
Ties letzte Wort, es sei von ench verbannt.
In Zukunft herrscht uur eines hier im Land:
Nas kindliche Vertraun, Uud ueuut ihr's Macht,
Nennt ihr ein Opfer, das sich selbst gebracht
Nie Willtür, die sich allzufrci geschienen
Und, eigner Herrschaft baug, beschloß, zu dieneu.
Wollt ihr als Brüder lebcu eines Sinns,
Doch sollt' ich zwein ein zweifach Recht erdenken.
Wollt' eher ich an cnch cnch selbst als Sklaven
schenken.
Seid ihr's zufrieden so?
Alle,
Libüssll,
Nun, so tommt!
Ällein vergaßt ihr, was uns allen frommt,
Da diese hier dcn Rücktritt mir versagen,
So ging' ich hin, es meinem Vater klage,:.
Lebt, Schwestern, wohl! Ans Niedersetzn, und
bald!
Ihr andern folgt und jubelt durch den Wald,
Ihr Mädchen, mir vorans uud stoßt ins Horn:
Bis jetzt mir nächst, steht billig ihr nun vorn.
Und so, gchob'nen Haupts, mit furchtlos offnen
Blicken,
Entgegen kühn dcn kommenden Geschicken.
Die Mllnnrr.
Libussa hoch! der Böhmen Herzogin!
<Man hat Libusi« wieder den Mantel und das Federwrett
Tor ab)
.Hast du gehört? Koscha.
Tetka.
Jawohl,
Kuschn.
Nu»?
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515