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520 <3 st <i c r.
Im ganzen, großen, wo des einen Nachteil
Nicht Willens, für die Wohlfahrt einer Welt'
Mllrdochlli.
Tu hast bezeichnet, wie ihr Weiber liebt,
Und wie des Großen Sinn euch streng ver-
schlossen,
Esther.
Vcrfchlofsen nicht, und auch bereit, ein Dasein
Dafnr zu opfern, aber nur das eigne;
Ter Lieben Glück ist anvcrtrautcs Gut,
Mllrdochlll
Zufrieden wär' ich ganz mit dir, wenn du
Tie Vücher mir, die hohen, nicht verschmähtest,
Esther.
Vas soll ich lesen? da so viel zu sehn-
5His stumme Zeichen? da so viel zu hören,
Mnrtwchni.
Es lebt mein Geist in Zeiten, die nicht sind
Uud die die heil'gen Bücher 'rück mir führen,
Ja, unser Volk, es ward von Gott bestimmt,
Der Mittelpunkt der Völker nah und fern.
Und wie der Sonne Pracht, wie Mond und
Ob herrlich gleich ihr Reigen fich gebärde,
Geschaffen doch zum Dienst nur dieser Erde:
So aller Völker Glanz und Herrlichkeit,
Ja, ihrer Siege, ihrer Macht Vereine,
Für-unser Volk, wie dunkel es auch scheine.
Wer weiß?
Was? Esther.
Mardochlll,
Esther.
Ob auch Steruc, Mond und Sonne
Geschaffen nur, zu dienen unsrer Erde.
Mllidüchlli.
Wozu auch sonst?
Esther.
Ein jedes wohl für sich,
Tie Erde hielt' er wohl für seinen Diener.
Mllrdochlli.
So zweifelst du an unsres Voltes Nnhm?
Esther.
Das nicht, nur wünscht' ich, daß es selbst ihn
minder fühlte
Uud aridere ihn anerkennten mehr^
Tie eigne Schätzung ist ein schlimmer Maßstab. Mllrdochlli,
Uns hat der Herr allein sich offcnbarr,
Von heut bis zn der Menschlieit erster Wiege
Efthcr.
Mitunter garst'ge Kinder, unfolgsame.
Mllrdochlli.
Als solche hat der Herr uns auch bestraft,
Uns fortgeführt aus unsrer süßen »r,,n>it
So manche Nacht durchwachend fchlafberanbl,
Den Geist erstarkend in des Leibs Entbehrung,
Ging hell der dunkeln Sprüche Sinn mir aus:
Aus unserm Volk erstehen wird ein Held,
Dem sich in Ost und Även.'ü den^t di.' ^ ' ! t ,
Esthcr.
Ein Mann des Schwerts?
Mllrdochlli,
Nas ward mir noch uicht klar.
Doch wie auch soust? Kann je der Unterdrückte
Wohl anders sich befrein als durch das Schuhn?
Und aus dem Stamme Davids wird er sein,
Aus jenem Vlut, dem du auch angehörst.
Du Glückliche, nicht ich, durch deine Mutter,
O, daß du fühltest solcher Abkunft Wert!
N'r täglich größer, weil sich täglich mindert
Die Zahl, die unsre Könige Väter nennt
Und welche die Verheißung an sich kettet.
Daß nur ein Funke jenes Geists in dir,
Ter Tebornh beseelte, Iahcl stärkte
Und Judith schuf zur Heldin ihres Volks.
Esther.
Um wert zu sein des Stammes, der mich trug?
Mnrdachlli.
Du sollst dich fühlen schon dadnrch bereit
Zu jedem Großen, das die Zeit dir anflcgt.
Esther.
Die Zeit zur Größe wäre wahrlich da,
Hast du gehört? Sie suchen ihrem Herrn,
Dem König über Asien, eine Frau
Und wählen ans dem Volk sie, dem gemeinen,
Es geht ein Nuf durchs Land, der alle Mädchen,
Nicht häßlicher als ich, nach Hofe fordert,
Zu stellen sich der fürstlich hohen Wahl.
Mllrduchai.
Uud die nicht wolleu —
Esther.
Zwingt man.
Mardochai.
Großer Gottl
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515