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Esther. 523
EMr,
Fast dauert mich der töricht schwache Mann,
König,
Hier bist du ja, mei» kluger, weiser Nat,
^ur diesmal hat der Nat kaum gut geraten,
Das macht: ein jeder trifft nur, was er ist,
Und der Gemeine rät nnr ewig das Gemeine,
So find fie alle, Wenn fie lügen,
So glauben sie sich llug, Verrat ist Schlauheit,
Die "Härte Festigkeit, Gewissenlos
Und taud jci» dci der Menschheit Klageruf
Ihr großer 3i»n, der Kleines nicht beachtet.
Und weil sie etwa, vom Geschäft belehrt,
Durch Ohrenflüstrer wissen dies und das,
Was andern nicht bekannt, hält sich ein jeder
Für klüger als die Avcisen allgesamt.
Ich denke aufzuräumen hier im Schloß,
^u ciucm, merk' ich, ist der Nrger gut:
Er regt den Trübsiu» aus zur Tätigkeit.
<Zu Escher,!
Für dich, mein Kind, ist hier nichts mehr zu tun,
Erlaubnis geb' ich dir hiermit, zu gehn,
»öniss.
Du gehst so froh, daß ich vermuten muß,
Man habe mit Gewalt dich hergebracht.
Das mehrt die Schuld auf schon beschwerten:
Haupt,
Esther lichnell),-
Nicht mit Gewalt,
König.
So kamst du gern?
Esther.
Ich kam,
König.
Und ohne Schmerz ob der verfehlten Hoffnung?
Esther.
Hoffnung?
König.
Tu weiht, wozu man euch bestimmte.
Vielmehr ist nn'iue Furcht nunmehr zerstreut.
Noch dieser Mau», wie »»verständig auch
Sei» Mmel sei, hat miuder aus Bedacht,
So scheint's, gefehlt, als aus zu großem Eifer,
König.
Dir dünkt fein Mittel unuerständig auch?
Esther.
Wie fönst? König l»e<>e,! H»„,°,,).
Hörst du?
<Zu Escher.,
Tu scheinst ein kluges Mädchen — andrerseits
Dünkt's wieder mir natürlich, daß dem Mann,
Der schwer verträgt die Trennung von der Frau,
Man andre Frau'n vorstellt zu neuer Wahl,
<ZU Hainen,!
Du sollst nicht horchen, geh.
Hllman.
Allein —
KllNIg lmilbc».
Ich sprach,
Hllman.
Nie widerlich, nur immer sich zu hören
Und alle andern leerer Widerhall.
König lzu Esther),
Du schuldest Antwort mir auf meine Frage.
«Zither.
Es scherzt mein Herr mit seiner niedern Magd.
König.
Was schlügest du in gleichem Falle vor?
Esther.
Ich?
Ja doch!
Esther.
Nichts,
Das Ware lieblos,
Esther.
Die Kranlen heilt mau, doch die Mißgestimmten
Vertraut man hufsiiungsvoll der Welt und Zeit.
König.
Uud wenn die Welt an ihnen nun gesündigt?
Esther.
Wir sündigen so viel, Herr, an der Welt,
Daß, wenn man abzieht, wir fast nur im Vorteil.
König.
Du schmeichelst nicht,
Esther.
Was nützte Schmeicheln auch!
König.
Zugleich auch sagt man, daß wir Könige
Die Welt so sehr beglücken, daß das Höchste,
Das sie uns gibt, nicht abträgt ihre Schuld.
Esther.
Ls wird wohl nicht so sein.
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515