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Nobert, Herzog von der Norinandic, 541
Sitnllc.
Gerechter Gott! zu Heinrichen?
Robcit.
Befremdet Euch das?
Tibille.
In Heinrichen, der Luch schon zweimal ver.
riet, der Luch haßt, der stets auf Euer Verdeckn
sinnt l
Rubrrt.
Auch Ihr quält mich mit änMichcn Be-
sorgnissen!
Tibillc.
Ja, Herzog, ich ahnde schreckliche Tinge!
Heinrich ist ein Verräter, man sucht dich in die
willen, geh nicht zu Heinrichen!
Robert.
Gutes Weib, du siehst Gespenster! Heinrich
hat freies Geleit versprachen; ich bin sicher!
Tibille.
Und du traust seinem Versprechen?
Robert.
Tibille.
O, .Heinrich würde, hundert Eide breche,,,
wenn er damit die geringste Stadt deines
Robert, sei vorsichtig; Vorsicht ist die Tochter
der «lugheit,
Nobert.
Nur schade, daß sie gar so leicht der Mutter
«ber den >lopf wächst. Sei ruhig, teures Weib,
sich, ich bin es auch!
Tilnllc.
O, du bist es, weil dein argloses herz zurück-
schaudert Uor der Verächtlichleit eiues Betruges,
l>ei >'>o», du !ä>,s>l,est dich, und weh der Welt und
i!,'.eu ^'ewobnern, das; dn dich täuschest! — Siehst
du nicht, wie dieser Wolf gierig nach Beute
brüllt und nuersänlich verschlingt, was sich ihm
ualit! (5r will wachsen, hniauftlimmen znin
Gipfel der Größe, und glaubst du, er werde sich
bedenken, den Leichnam seines Bruders zum
ersten Staffel zu ninchen? — Nu stehst seiner
Größe im Wege, er fürchtet in dir einen Neben»
bulNer und liaßt in dir einen Feind, du Icnnst
Heinrichs Herz und zweifelst, das; er nach deinem
Vlute lechzt, Robert, siel, mich zn deinen Füßen
— geh nicht in Heinrichs Lager!
Robert,
Sondell'ar; ihre Worte ergreifen mich, mein Herz pocht unruhig! — Wenn sie recht hätte,
Robert, wenn sie recht hätte? — Doch nein, es
ist nicht möglich, Felsen stürzen, Welten ver«
gehen, aber Fürstcnwurt trotzt der Unmöglich-
keit! — Leb wohl, teures Weib, ich mich sort! —
Tibille.
Nobert, bleib, um Gottes willen bleib! c^it
umschlug ihn) Gatte, Vater, bleib; dein Weib
fleht, dein unmündiges Kind rüst dir zu, bleib,
bleib!
Robert.
Tu folterst mein Herz!
Tibille.
Ich will es bestürmen, dies edle Herz, bis
die sanften Gefühle der Gatten« und Vnterlicbe
wieder erwachen, die ei» Mund mit glatte,,
Worte» eingeschläfert, Robert, gedenke deines
Kindes, gedenke deines Wilhelms!
Robert.
Weib, was machst du aus mir?
Tibille
leilt schnell in ein Ceitengcmach).
Rudert.
gemacht! — Tuntle Ähudnngen steigen cmpur
aus der Tiefe des Herzens wie mitternächtliche
Geister aus der Nacht des Grabes; wenn Hcin«
rich vergäße, was er mir geschworen, wcuu er
— ha, welch ein schadenfroher Tcnfel haucht
Brnst? — Weiche uon mir, Satan! — Ich baue
auf felsenfesten Grn,id, ich baue auf Fürstcuwort!
Tilnllc
üehit zuiiicl mit dem kleinen Wilhelm».
Sieh, Vater, fich deinen Sohn!
Wilhelm.
Vater!
Robert.
Wilhelm, mein Wilhelm! M n!,n,„i ih„ ^„ d,r
Eide °u> und lülit ihn,) Gutes, armes Kind! — '.1l in?
Arm? (Er fttzt dcn ,<!„«l'.„ ni.dcl,) Ich kaun ihn nicht
i los werden, den schrecklichen Gedanken! — Wen i
.Heinrich — Weg danni! — Fürstenwort und
Fürstcntrcue!
Eibille.
lassen!
Wilhelm.
Vater will mich verlassen! O, l°r i„ic» nieder)
Vater, verlaß mich nicht! — Was hat dir Wil>
Helm getan, daß du ihn Uon dir stoßen willst!
Robcrt.
Hör auf, ssnabe, du brichst mir das Herz!
Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Band I
- Titel
- Grillparzers sämtliche Werke
- Untertitel
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Band
- I
- Herausgeber
- Rudolf von Gottschall
- Verlag
- Hansa-Verlag
- Ort
- Hamburg
- Datum
- 1906
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.7 x 17.1 cm
- Seiten
- 600
- Schlagwörter
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Dramen 14
- Die Ahnfrau (1817) 17
- Sappho (1819) 50
- Das goldene Vließ (1822) 89
- König Ottokars Glück und Ende (1825) 169
- Ein treuer Diener seines Herrn(1830) 222
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1840) 262
- Der Traum ein Leben (1840) 300
- Melusina. Romantische Oper (1833) 339
- Weh dem der lügt, Lustspiel (1840) 355
- Die Jüdin von Toledo 393
- Ein Bruderzwist in Habsburg 424
- Libussa 473
- Fragmente 515