Seite - 56 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
Ficker (1886–1954) undWilhelmFischer (1886–1962) das Institut.Von seinen
weiterenSchülernverbliebendieDozentenRobertHaas(1886–1960)undAlfred
Orel (1889–1967), beide Leiter von Musiksammlungen, sowie EgonWellesz
(1885–1974), der allerdings aufgrund seiner innerhalb derWienerMusikwis-
senschaftvölligmarginalisiertenPositionkeinerleiEinflussmöglichkeitenhatte.
Lach war vor seiner Berufung Leiter der Musiksammlung der Nationalbi-
bliothek, auf welchen Posten ihmHaas folgte. DassmanHaas nach der Pen-
sionierung Lachs auch auf denWiener Lehrstuhl berufen hätte, schien nicht
unwahrscheinlich.42 Für viele überraschend wurde allerdings der junge Salz-
burgerLeiterdesmusikwissenschaftlichenInstitutsanderUniversitätRostock,
Erich Schenk (1902–1974), berufen, der seine Stelle 1940 antrat. Er war zwar
Musikhistoriker, verfolgte allerdings eine völlig andere Ausrichtung derMu-
sikwissenschaft als Adler, gegen den er auch noch lange nach dessen Tod in
versteckten Andeutungen polemisierte. So beschrieb er die Ausrichtung der
MusikwissenschaftunterGuidoAdleralscharakterisiertvomZurücktretender
„existentiellenVoraussetzungendesmusikalischenKunstwerks,wieLebenslauf
oder soziale Stellung seines Schöpfers“, oder vonderLeugnung„exakte[r]Be-
stimmbarkeit musikalischer Inhaltsqualitäten“ oder „wissenschaftliche[r]
ÜberprüfbarkeitästhetischerInterpretation“.43AuchimZugeeinerWürdigung
der von ihm, Schenk, geleistetenWiederaufbauarbeit nach1945, resümiert er:
„Manhatte erkannt,daßausschließlichphänomenologischeOrientierung, also
nur auf Strukturerfassung abzielende Untersuchungen des musikalischen
Kunstwerkes, zudessenWesenserfassungnicht genügt“.44Esbrauchtnichtbe-
sondershervorgehobenwerden,dassSchenksaufAnsätzenseinesLehrersAdolf
Sandberger (1864–1943) aufbauender Zugang den von ihm definierten „exis-
tentiellenVoraussetzungen“sowieden„musikalische[n]Inhaltsqualitäten“eine
bestimmende Stellung in der musikwissenschaftlichen Arbeit einräumte.45
SchenksetztemitseinerAusrichtungnichtnurdieweitereAblösungderAdler-
Schule fort, sondern auch den bereits zwischen Adler und Sandberger herr-
schenden Streit um die methodischen Grundlagen musikwissenschaftlicher
Forschung.46
42 Vgl. hierzu die jüngst abgeschlosseneArbeit vonAnnaM. Pammer:Musikgeschichte im
„Dritten Reich“ – am Beispiel des Musikwissenschaftlers Erich Schenk. Diplomarbeit,
UniversitätWien2013, S. 17–18.
43 Erich Schenk: Musikwissenschaft an der Universität Wien. In: Sbornik praci filosoficke
fakultybrnenskeuniversity. 26 (1969),Nr. 4, S. 7–15,hierS. 8.
44 Ebd., S. 9. Ein anderes Beispiel seinerKritik an dermethodischenAusrichtungAdlers ist
seine Inaugurationsrede. Vgl. hierzu Staudinger: „Finstere Dämonen“ (Anm.37), S. 239.
45 Vgl.MatthiasPape:ErichSchenk–einösterreichischerMusikwissenschaftler inSalzburg,
RostockundWien. In:DieMusikforschung53 (2000),Nr. 4, S. 414–415.
46 Vgl. SandbergersKommentarezumethodischenFragen in:Adolf Sandberger:Übereinige
neuaufgefundeneJugendkompositionenBeethovenundAnderes. In:Beethoven-Almanach
ClemensZoidl56
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur