Seite - 156 - in Guido Adlers Erbe - Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
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ISBN Print: 9783847107217 – ISBN E-Lib: 9783737007214
schreibennichts von eigenhändigenKommentaren.Weiters entsprachWellesz
der Bitte Hayeks, das Schreiben zurückzusenden, nicht, sondern behielt das
Schreibenbei sich. Inhaltlich sprechen auchdieAnnotationen fürWellesz, er-
sichtlich v.a. in der letzten Anmerkung, dennwarum sollte Hayek als Natio-
nalökonom über das weitere Vorgehen der Internationalen Gesellschaft für
Musikwissenschaft spekulieren, zumal er vermutlich auch kein Mitglied der
Gesellschaftwar. FolgendnundasSchreibenvonSkrbenskyanHayekmitden
handschriftlichenAnnotationenWellesz (kursiviert imTextdargestellt):
In Erwiderung Ihres mir soeben zugegangenen Schreibens vom 3.November 1946
beehreichmichIhnenzunächstdenbestenDankfürIhreBemühungenzurFörderung
und Unterstützung des kulturellenWiederaufbaues unserer Heimat in England zu
übermitteln.
InderAngelegenheit des ordentlichenProfessors fürMusikwissenschaft anderUni-
versität Wien, Dr. Erich Schenk, sind beim Bundesministerium für Unterricht von
verschiedenenSeitenAnschuldigungengegendenGenanntenvorgebrachtworden,die
ihmZugehörigkeit zurNSDAPundeinunkorrektesVerhaltenbeiderBeschlagnahme
derBibliothekdesverstorbenenProfessorsDr.GuidoAdler vorwerfen.
Zur Überprüfung der Richtigkeit dieser Anschuldigungen wurde ein gründliches
Untersuchungsverfahreneingeleitet,daswegendergrossenZahlderzuvernehmenden
Zeugen noch nicht abgeschlossenwerden konnte, das aber bisher ein negatives Er-
gebnis gezeitigthat.
Nach allen bei der Staatspolizei und imBundesministerium für Unterricht vorhan-
deneneinwandfreienUnterlagenhatProfessorSchenkniemalsderNSDAPodereiner
ihrerGliederungenangehört. [handschriftlicheAnnotation:„ofcoursenot!Hewastoo
clever to convict himself“]
Seine Berufung nachWien erfolgte auch keineswegs über Empfehlung des Amtes
Rosenberg, sondern einfach deshalb, weil die philosophische FakultätWien ihn an
zweiterStelle vorgeschlagenhatteundderanersterStellegenannteKandidat sichbei
dernationalsozialistischenGewalthabernmissliebiggemachthatte.
Die zurBeweisführunggegenProfessorSchenknamhaft gemachtenAuskunftsperso-
nenhabenihnzumTeilvondengegenihnerhobenenAnwürfenentlastetundeindeutig
zu seinenGunsten ausgesagt [handschriftliche Annotation: „Prof. Ficker was not al-
lowedtotakepart intheprocess“],währendderandereTeildieserZeugen,derbemüht
war, belastendeAussagen zumachen, einfachVermutungenvorbrachte, ohne in der
Lage zu sein, sich auf eigene Wahrnehmungen zu berufen oder Beweismittel für
diebehauptetenAnschuldigungenbeizubringen. [handschriftlicheAnnotation: „non-
sense!“]ÜberdiesbestanddieGruppeanZeugen,diebelastendeAussagenvorbrach-
ten, durchwegs aus Personen, die aus persönlichen Gründenmit Professor Schenk
Streitigkeiten oder scharfe Differenzen gehabt haben. [handschriftliche Annotation:
„DoeshemeanFicker?“]Schliesslichmussteauffallen,dassseitensderAnzeiger inder
vonFritzSaxlanEgonWelleszist imAktnichteinliegend,dafürdasAntwortschreibenvon
Wellesz an Saxl vom22.10.1946. Darin hatteWellesz ebenfalls eine Kopie des Antwort-
schreibens fürdieWeiterleitunganHayekdurchSaxlbeigelegt.)
MarkusStumpf156
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0
Guido Adlers Erbe
Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Titel
- Guido Adlers Erbe
- Untertitel
- Restitution und Erinnerung an der Universität Wien
- Herausgeber
- Stefan Alker-Windbichler
- Murray Hall
- Markus Stumpf
- Verlag
- V&R unipress GmbH
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-0721-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 316
- Schlagwörter
- Political Science, National Socialism, Nazi-looted, musical life, provenance research, Nationalsozialismus, NS-Raub, Musikleben
- Kategorie
- Kunst und Kultur