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60 III. Das Wiener Handwerksordnungsbuch
gibt sich eine bald nach 1430 beginnende
Verwendung des freien Platzes für wichtige
Eide und für sonstige kleinere Notizen.
Im ersten unterhalb der rubrizierten Nen-
nung Hirssauers eingetragenen Eid wird
der spätere Kaiser Friedrich III. noch als
Herzog von Österreich bezeichnet, der
ab 1440 geführte Königstitel findet keine
Verwendung; so ergibt sich wohl ein nach
1435 bis 1439/40 liegendes Datum für
den Eintrag des Eides337. Im darunter be-
findlichen Bürgerrechtseid wird jedenfalls
bereits auf Friedrich, den Romischen kunig
und hertzogen ze Osterreich geschworen338.
Wiederum darunter findet sich ein sehr
wahrscheinlich mit 1447 datierter Text,
der Eid der Ratsherren dem Hof gegen-
über339. Die Einträge auf dem Vorsatzblatt
dürften jedoch nicht die ältesten sein: Auf
fol. A2r finden sich zwei Bürgerrechtseide
auf Herzog Albrecht V. (als römischer Kö-
nig: Albrecht II.), einer in deutscher und
einer in lateinischer Sprache. Während
beim deutschen Eid Albrecht als römischer
König sowie als König von Ungarn und Böhmen erwähnt wird, führt er im lateinischen
Pendant lediglich den Titel des Herzogs von Österreich340. Es ergibt sich also für den latei-
nischen Eid eine Datierung vor 1438, für das deutsche Gegenstück ein Ansatz zwischen
1438 und 1439, der den Zeitpunkt der Eintragung bestimmt.
Warum auf dem mit ziemlicher Sicherheit zum Grundstock der Handschrift gehören-
den Vorsatzblatt jüngere Eide eingetragen wurden als zwei Blätter später, kann nicht ein-
deutig geklärt werden. Eindeutig ist jedenfalls, dass die Texte auf A2r und A2v – abgesehen
von diversen Nachträgen – im selben Stil und von derselben Hand (wahrscheinlich der
Hirssauers) eingetragen worden sind. Auch die Eide auf fol. IIIv stammen – soweit ange-
sichts des schlechten Erhaltungszustandes der Seite erkennbar – von gleicher Hand. Blatt
A1 macht hier schon einen etwas inhomogeneren Eindruck, wobei auf fol. A1r von den
insgesamt vier Eiden jeweils zwei von gleicher Hand stammen, wobei die ersten beiden
337 Siehe Nr. 2. Friedrich erlangte im Jahre 1435 die selbstständige Regierung als Herzog von Innerös-
terreich. Durch den Tod König Albrechts II. am 24. Juni 1439, das Ableben des Tiroler Habsburger-Herzogs
Friedrich IV. und die Unmündigkeit dessen einzigen Sohnes Sigmund avancierte Friedrich V. zum Senior des
Hauses Habsburg. Durch das Fehlen des Königstitels – Friedrich wurde am 2. Februar 1440 zum König gewählt
– sowie eines jeden Hinweises auf die Vormundschaft über Ladislaus Postumus ergibt sich als wahrscheinliches
Datum wohl die Zeit zwischen dem 24. Juni 1439 und den ersten Monaten des Jahres 1440; vgl. dazu Schalk,
Faustrecht 489.
338 Siehe Nr. 3.
339 Siehe Nr. 4. Da die Zahl nach XL aufgrund von Verblassung nur schwer lesbar ist, kann die Da-
tierung nur mit einer gewissen Unsicherheit angegeben werden. Der Abstand zwischen XL und IIo lässt aber
ebenso V erahnen wie die wenigen noch sichtbaren Reste der Zahl.
340 Siehe Nr. 13 und 15; siehe jeweils Anm. 1.
Abb. 1: Wasserzeichen: Glocke, HWOB fol. 181r.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen