Seite - 132 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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132 IV. Inhaltliche Aspekte
oder Lehrlinge sind bei den Ringmachern (1525) während der 14 Tage, in denen die
Meisterstücke anzufertigen sind, erlaubt, die Werkstücke dürfen immerhin in Gegenwart
der Ehefrau hergestellt werden878.
In zahlreichen Städten des deutschsprachigen Raums ist nach erfolgreichem Abschluss
der Meisterprüfung von einem Meistermahl zu hören879. In Wien wird erstmals im Jahr
1438 in der durch Kaiser Friedrich III. 1481 bestätigten Ordnung der Bogner von solch
einem Meistermahl berichtet880. Auch die außerhalb des HWOB überlieferte, durch
denselben als König für die Wiener Bogner, Pfeilschnitzer und Kurbauner ausgestellte
Urkunde von 1445 enthält diese Bestimmung: Item den maistern, maisterinen und den
gesellen allen miteinander ain ordenlich mal essen und trinkchen zu geben an gever881. Die
Ordnung der Taschner von 1473 erwähnt eine Ausgabe für eine Ürte (urten) von vier
Schillingen882. Auch wenn im HWOB nicht oft davon die Rede ist, kann wohl ange-
nommen werden, dass die Aufnahme eines neuen Meisters in die Zeche auch in anderen
Handwerken mit einer Zeremonie bzw. einer gemeinsamen Feier begangen wurde883.
IV.3.1.4. Zusammenfassung
Die im HWOB erwähnten Voraussetzungen für die selbstständige Berufsausübung
decken sowohl ethisch-moralische, zechbezogene als auch handwerkliche Aspekte ab. Ei-
nerseits wurden der Nachweis der Herkunft, ein guter Leumund, eheliche Geburt, das
Ausdienen der Lehrjahre und eine Eheschließung gefordert sowie der Erwerb des Bürger-
ling offenbar auch noch nicht als Meister, da in der Ordnung die Erlaubnis der Anstellung von Gesellen im zweiten
Jahr mit dem Satz begründet wird, dass ja der Anwärter nun Meister geworden sei (so er nu ist maister wordn).
878 Siehe Nr. 349 Art. 3.
879 Zum Meistermahl vgl. allgemein Wissell, Recht 2 21–33; Kluge, Zünfte 239, 368f.; zu Wien siehe
Zatschek, Handwerk 220f.; ders., Konzepte 314–316. Siehe auch FRA III/3 74f. zu nachweisbaren Meister-
mahlen in Eferding in Oberösterreich. Zu den spätmittelalterlichen Meistermahlen im Ledergewerbe von Städ-
ten wie Greifswald, Lübeck oder Rostock siehe Bulach, Handwerk 121f. Eine frühe, seit dem späten 14. Jh. be-
legte Verbreitung fand das Meistermahl bzw. der Zunftschmaus offenbar in Lübeck und Hamburg, vgl. Schulz,
Gewerbepolitik 93f. Zusammenfassend zum Meistermahl und der bald im 16. Jh. einsetzenden Bekämpfung
desselben durch die Obrigkeit bzw. allgemein zu Feierlichkeiten im Handwerk: Wiedl, Aspekte 243f., 252 Anm.
53. Als Resultat der Bekämpfung der Tradition des Meistermahls ist auch eine im WStLA liegende Handschrift
(Sammlungen, Handschriften, A 287) zu sehen, in der im Auftrag der Niederösterreichischen Regierung von
Bürgermeister und Rat der Stadt Wien ein Bericht verlangt wurde, wie viele Meister pro Handwerk in der Stadt
ansässig, welche Meisterstücke anzufertigen und wie hoch die Kosten für das Meistermahl seien. Durch Kom-
missäre wurden Vertreter der einzelnen Handwerke befragt, die Ergebnisse dieser Umfrage wurden schriftlich
festgehalten. Meistermahle dürften jedenfalls in den Wiener Zechen zu diesem Zeitpunkt weit verbreitet gewesen
sein, da sie bei fast jedem Handwerk aufgelistet wurden, auch wenn die Angaben der Kosten für diese meistens
fehlen. Die Regierung wurde unter andem auch deswegen aktiv, weil sich ehemals hofbefreite Handwerker, die
sich um eine Aufnahme in die Zechen bemühten, beschwert hätten, dass ihnen dieser Zechbeitritt kaum möglich
gemacht werden würde, da die Kosten für ein Meistermahl so extrem hoch wären. Vgl. dazu WStLA, Sammlun-
gen, Handschriften, A 287 fol. 2r–8v (Schriftwechsel zwischen der Regierung und der städtischen Obrigkeit);
Zatschek, Handwerk 40–42; Otruba, Gewerbe 114–124; Haupt, Hof- und hofbefreites Handwerk 37f.
880 Siehe Nr. 239a Art. 2.
881 EB fol. 143v–144v; Feil, Beiträge 298–300; Opll, Eisenbuch 67f. Die Bestimmung ist auch in der
Bestätigung durch König Ladislaus vom 25. April 1453 enthalten, jedoch in der Form abgeschwächt, dass ein
Meistersohn von der Pflicht des Meistermahls befreit wird; Original auch: WStLA, H. A.-Urk. Nr. 3509; vgl.
QGW II/2 Nr. 3509.
882 Siehe Nr. 93 Art. 3; Zatschek, Handwerk 200.
883 Siehe dazu auch die zechöffentlichen Zeremonien bei der Aufnahme und der Freisprechung der
Lehrlinge oben S. 76, und die Empfangsrituale eines neu in Wien angekommenen Gesellen oben S. 92f.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen