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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 174 -
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174 V. Schlussbetrachtung orientierten Satzungen enthalten sowohl Bestimmungen zum finanziellen Rahmen der Gesellenschaften (Gesellenbüchsen und Einzahlungsmodalitäten mit Strafzahlungen), zur Krankenversorgung, die laut den erhaltenen Ordnungen im Untersuchungszeitraum großteils durch Darlehenszahlungen an den erkrankten Gesellen erfolgte, zum Begräbnis- wesen, zur Messfeier und zur Teilnahme der Gesellen an der Fronleichnamsprozession. Die Zechen und Gesellenschaften achteten offenbar auch auf angemessenes Verhalten der Gesellen in der Öffentlichkeit: Handgreiflichkeiten im öffentlichen Raum, übermäßi- ger Weingenuss in Wirtshäusern und bei den Gesellenversammlungen sowie der zu aus- schweifende Umgang mit Prostituierten wurden streng bestraft. Im Gegensatz zu den Gesellen – bei denen die bruderschaftlichen Bestimmungen ei- nen großen Platz einnehmen – informieren die Ordnungen des HWOB in Bezug auf die Handwerksmeister weniger über die religiös-karitative Seite der Meisterzechen. Das größte Regelungsbedürfnis dürfte hier in Bezug auf die Voraussetzungen zur Erlangung der Meisterschaft bestanden haben. Schon die ältesten im HWOB enthaltenen Ordnun- gen gehen explizit auf diese ein. Im Laufe der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ent- wickelte sich diesbezüglich ein regelrechtes Formular, das besonders im 15. Jahrhundert durch zusätzliche Voraussetzungen erweitert wurde. Der umfangreichste Forderungskata- log, wie er sich endgültig um die Mitte des 15. Jahrhunderts darstellt, umfasst die Nach- weise der Herkunft, eines guten Leumunds, der ehelichen Geburt, des Ausdienens der Lehrjahre und der Eheschließung, ebenso wurden der Erwerb des Bürgerrechts und der Eintritt in die Zeche vorausgesetzt. Zusätzlich mussten die Meisterschaftsanwärter auch ihre Fertigkeiten nachweisen: Im HWOB gibt es vielerlei Beispiele für genau festgelegte Meisterstücke, die der Kandidat innerhalb eines festgesetzten Zeitraums den Zech- oder Beschaumeistern, den wichtigsten Amtsträgern der Meisterzechen, vorlegen musste. Die Zuständigkeiten der Zechmeister waren darüber hinausgehend vielfältig. Zum einen waren sie für die finanziellen Angelegenheiten der Zeche verantwortlich, kontrol- lierten die Zechbüchse und nahmen Zecheintritts-, Beitrags- und Strafgelder ein. Zum anderen kümmerten sie sich um das Begräbniswesen und die Messfeierlichkeiten der Ze- chen sowie in vielen Fällen auch um die Organisation des gemeinsamen Einkaufs von Werkzeug und Arbeitsmaterialien durch die Zechmitglieder. Die Beschaumeister – von denen bereits in der ältesten im HWOB enthaltenen Ordnung für die Zaumstricker von 1364 die Rede ist – waren für die Qualitätssicherung der in ihrem Handwerk hergestell- ten Produkte und für die Meisterprüfung zuständig. Im Laufe des 15. Jahrhunderts über- nahmen die Zechmeister laut einzelner Ordnungen mitunter diejenigen Agenden, die ursprünglich den Beschaumeistern zugestanden waren. Während die Informationen zu den Meisterschaftsvoraussetzungen und zu den Zech- und Beschaumeistern – vor allem die wirtschaftliche Seite der Zechen betreffend – reichlich vorhanden sind, schweigt das HWOB weitgehend über die religiös-karitativ-bruderschaftlichen Bereiche der Meisterze- chen. Die wenigen im HWOB enthaltenen diesbezüglichen Ordnungen lassen jedoch ein ähnliches Bild erkennen, wie es bei den Gesellen bereits besprochen wurde, vor allem was regelmäßige Messfeiern und das Begräbniswesen der Zechen betrifft. Zu den kollektiven Sicherungsmaßnahmen der Zechen zählen auch Bestimmungen über die Weiterführung der Werkstatt durch eine Meisterwitwe. Manche Handwerke er- laubten eine uneingeschränkte Weiterarbeit der Witwe, einige Beispiele belegen jedoch merklich, dass die Wiederverheiratung durch Vergünstigungen für den neuen Ehemann im Bereich des Meisterschaftserwerbs oder des Zechbeitritts erleichtert wurde. Eine zeit- liche Begrenzung für den Verbleib im Witwenstand – in diesem Fall von einem Jahr – ist
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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