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Substanz.
(substantia; zuerst bei QUINTILIANUS, Instit. orat. 3,
PRANTL, Gesch. d. Logik I, 514; bedeutet po-
pulär bald einen chemisch bestimmten Stoff, bald das Wesen, den Kern
Sache, aber das den wechselnden Phänomenen
„Unterliegende", das Identische und Beharrliche im Wechsel der
das zugleich meist als „Träger" der Eigenschaften, als selbständig, für sich
Seiendes gedacht wird, dem die Eigenschaften während es selbst
(vgl. Ding, Inhärenz). Der Substanzbegriff ist eine „Kategorie"
(s. d.), vermittelst welcher das nach einheitlichem Zusammenhange der
fahrung strebende Denken den Inhalt der äußeren, sinnlich vermittelten
fahrung verarbeitet, es das Unselbständige und Wechselnde der Er-
scheinungen auf relativ selbständige, feste, als identisch angesetzte,
Einheiten bezieht, aus deren Wechselwirkung es den Wechsel der Relationen
(s. d.) der Dinge zu begreifen vermag (vgl. Element). Diese „Substanzen", zu
welchen die Dinge werden, sind Teile der materiellen Substanz überhaupt
Materie), deren Menge als konstant zu denken, ein heuristisch fruchtbares,
auch dem logischen Identitätsprinzip entspringendes Postulat ist (vgl. Er-
haltung, Masse). Die S. muß aber nicht als ein aller Eigenschaften
Wesen hinter den Erscheinungen gedacht werden, auch ist sie keineswegs
identisch mit dem „Ding an sich". Sondern die als objektive Erscheinungen
gegebenen Dinge (s. d.) selbst werden als „Substanzen" gedacht, sofern
relativ konstante Ausgangs- und Angriffspunkte quantitativ
dynamischer Wirkungen darstellen (vgl. Kraft). In diesen Wirkungen
in relativ konstanten Relationen und Komplexen allein sind die Substanzen ge-
geben; abgesondert von ihnen bleibt der Substanzbegriff leer oder aber er be-
deutet ganz allgemein-grundlegend („transzendental") die Voraussetzung
„Erhaltung" im Wechsel, des Seins im Werden, des Beharrens in der Ver-
änderung überhaupt (vgl. Energie). Ist " schon in der
der Substanzbegriff seiner Starrheit beraubt und relativiert worden, sogar mit
Versuchen, ihn ganz zu eliminieren, so bleibt er für die Psychologie, für
Geistige als solches unbrauchbar (s. Aktualitätstheorie). Die Seele (s. d.) ist
keine Substanz, kein Ding, sondern Subjekt, Kraft, Tätigkeit, Entwicklung, Pro-
zeß. Wohl aber bezeugt das Ich (s. d.) eine Selbständigkeit, Identität und
Permanenz, die es zwar nicht zu einer eigentlichen Substanz, aber zu einem
„Subjekt" macht, welches nach Analogie seines eigenen Charakters die
auffaßt, die dann das Denken als „Substanzen" bestimmt. Man kann
das der Seele entspricht gewissen Bestimmtheiten, die im Sub-
stanzbegriff enthalten sind, und anderseits entspricht wohl der Substantialität
der Dinge etwas im „Für sich" der Dinge, etwas, was sie erfolgreich als Substanzen
denken und was unserer eigenen „Subjektivität" analog ist. Es gibt
etwas „Substantielles" im Seelischen und etwas „Seelisches" in den
(vgl. Panpsychismus, Voluntarismus).
Die S. wird verschieden definiert, je nachdem die Merkmale der
ständigkeit, Identität oder Beharrlichkeit betont werden. Die S. gilt dem
mus meist als metaphysische Realität, sei es als materielles Element, sei es
seelenartige Substanz, Monade. Für den Idealismus ist die S. nur das Beharr-
liche im Wechsel der Erscheinungen selbst. Die S. wird ferner als
lich oder auch als veränderlich, als Kraft, gedacht. Auch wird sie zum Teil
auf (relativ) konstante Relationen und Gesetzmäßigkeiten des Verhaltens
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften