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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
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giovan battista fidanza50 des vollendeten Werks – den spezifischen Mate- rialeigenschaften wenig Rechnung trägt.3 Dem- gegenüber rationalisieren Bildhauer wie Bene- detto da Maiano dank ihrer holztechnologischen Erfahrung, die sie in den großen Familienwerk- stätten sammeln konnten, den Produktionspro- zeß so weit wie möglich.4 Der Restaurator Peter Stiberc (Florenz, Opificio delle Pietre Dure) hat die Assemblagetechniken der florentinischen Bildhauer des 15. bis 17. Jahrhunderts untersucht: „Eine weitere Technik, die ich im Folgenden als Assemblagetechnik bezeichnen werde, konnte ich an den Skulpturen des späten Quattrocen- to in Florenz feststellen. Bei dieser Technik, die bislang kaum Beachtung gefunden hat, wurde das nötige Holzvolumen erreicht, indem zwei oder mehr Schichten von Brettern miteinander verleimt wurden. […] Es ist sicher kein Zufall, daß die Assemblagetechnik von Bildhauern eingeführt wurde, die auf die Herstellung von Holzskulpturen spezialisiert und die meist als ‘legnaiuoli’ ausgebildet waren.“5 Eine derartige Vorgehensweise verfolgte der holzhandwerklich versierte Benedetto da Maiano für das Kruzifix im Florentiner Dom. Indem er mehrerer Holz- teile zusammengefügte, erreichte er nicht nur eine Angleichung der Holzbearbeitung an die des Marmors (da – ob Holz oder Marmor ver- wendet wird – zumindest für den Zentralteil ei- ner Statue von einem Gesamtblock auszugehen ist), sondern so verringerte sich gegenüber einem gleichgroßen massiven Holzblock auch die Ge- fahr eines durch Feuchtigkeit hervorgerufenen Verziehens der Holzes. Letzteres kam der Kon- servierung der Statue zugute.6 Die folgenden Überlegungen wollen be- leuchten, wie Michelangelo sich der Herstellung von Holzskulpturen näherte. Holz war für ihn ein Material, mit dem er es nur bei gegebenen Gelegenheiten aufnahm. Dies geht auch aus den Worten seines Biographen Ascanio Condivi her- vor. Michelangelo, so Condivi, habe das Kruzifix in Santo Spirito vornehmlich aus Dankbarkeit gegen Niccolò Bichiellini geschaffen, den Prior des Augustinerkonvents, dem er in Freundschaft verbunden war: In questo tempo Michelagnolo, a compiacenza del priore di Santo Spirito, tempio molto onorato nella città di Firenze, fece un Cro- cifisso di legno, poco meno che ‘l naturale, il quale fin ad oggi si vede in su l’altare maggiore di detta chiesa. Ebbe col detto priore molto intrinseca pra- tica, sì per ricever da lui molte cortesie, sì per essere accomodato e di stanza e di corpi da poter far noto- mia, del che maggior piacer far non se gli poteva.7 Für die Darstellung eines gekreuzigten Christus war Holz der übliche Werkstoff. Offensichtlich also entschied sich Michelangelo für dieses Ma- terial nicht aus freien Stücken, sondern von den Umständen veranlaßt. Insgesamt ist Holz als ein Material anzusehen, das ihm weitgehend unver- traut war. Gewißheit über die Ausführung von Holzfiguren durch Michelangelo besteht nur für das Kruzifix aus Santo Spirito und für eine kleine Darstellung des Gekreuzigten, die Michelangelo im hohen Alter begann und unvollendet zurück- ließ. 3 Einen besonderen Fall stellt die Magdalena im Museo dell’Opera del Duomo (Florenz) dar, die aus einem massiven Holzblock gefertigt ist und eine starke Grundierschicht aufweist, deren Oberfläche durch das Arbeiten des darunter liegenden Holzes stark beschädigt ist; vgl. G. B. Fidanza, Caratteristiche tecnologiche e formali delle specie legnose: una verifica su statue e intagli di età moderna, in: G. B. Fidanza/N. Macchioni (Hrsg.), Statue di legno. Caratte- ristiche tecnologiche e formali delle specie legnose, Rom 2008, S. 37–38, bes. S. 56. 4 Unter Holztechnologie ist die Kenntnis der Struktur, der spezifischen Eigenschaften und der Bearbeitungsmethoden des Werkstoffs zu verstehen. 5 P. Stiberc, Polychrome Holzskulpturen der Florentiner Renaissance. Beobachtungen zur bildhauerischen Technik, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 33, 1989, S. 210–212. 6 Vgl. G. B. Fidanza, La produzione di statue dei legnaioli-scultori. Riflessioni su Benedetto da Maiano e Leonardo del Tasso, in: Kronos 11, 2007, S. 25–28. 7 Ascanio Condivi, Vita di Michelagnolo Buonarroti (1553), G. Nencioni (Hrsg.), Firenze 1998, S. 15.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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