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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 85 -
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DIE VERSUCHUNGEN DER JUGEND 85 ist gleichwohl, daß die hier erwähnten Phäno- mene einer künstlerischen Allegorisierung der moralischen Bedrohung der Jugend in anderen europäischen Bildkulturen – etwa in den Nieder- landen – meist abweichend, etwa durch Bilder des Verlorenen Sohns repräsentiert wurden. Ger- rit van Honthorsts „Trinkender junger Mann“ mit aufgeschlagenem Buch (Abb. 14) enthält allerdings (wie Marcus Dekiert gezeigt hat60) eine Kurzform der uns nun bekannten Tugend- Laster-Kampf-Allegorie – am Boden liegt hier wahrscheinlich die Tugend. Ein solches Beispiel demonstriert, daß auch in den Niederlanden von Künstlern und Publikum bestimmte Repräsenta- tionen miteinander in Beziehung gesetzt wurden, solche, die allegorisch gesehen werden konnten, und solche, die unbedingt allegorisch verstanden – gelesen – werden mußten: Die Tugend-Laster- Kampfszene ist bei van Honthorst bezeichnen- derweise als Illustration eines Buches gezeigt. Die etwa von Cesare Ripa mit Rekurs auf die Antike behauptete Verbindlichkeit einer all- gemeinen allegorischen Bildersprache61 mag in der Kunst der Epoche eine Fiktion gewesen sein, aber sie war eine international wirksame Fikti- on mit erheblicher Macht, der sich aus gutem Grund gerade die Herrscherhäuser bedienten. Die Autorität der allegorischen Kunst stützte die Autorität des Regiments – und umgekehrt. Das Faszinierende am Studium barocker Allegorie ist die Rekonstruktion dieser Spannung zwischen quasi normativen allegorischen Modellen (de- nen vermeintlich feste und „wahre“ Inhalte, etwa Geschlechterrollen oder Herrschaftsansprüche, eingeschrieben waren) und deren immer wieder neuer künstlerischer Bearbeitung, Adaption, Uminterpretation oder Revision. Die Aktualität dieses Konflikts liegt auf der Hand. Wien, Kunsthistorisches Museum mit Museum für Völkerkunde und Österreichischem Theatermuseum Wien, 04.06.2009–28.09.2009, Mailand 2009, S. 305–315, hier S. 314–315. 60 M. Dekiert, ‚Sic malesana meos Circe transformat honores‘: der Student als Exempel der „unberatenen Jugend“ in einem Nachtstück des Gerard van Honthorst, in: Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst 3. F. 50, 1999, S. 147–170. 61 Vgl. Bar, La peinture allégorique (zit. Anm. 3), S. 16. Abbildungsnachweis: Abb. 1: nach N. Laneyrie-Dagen, Rubens, Paris 2003 – Abb. 2, 3, 9, 10: Kunstsammlungen der Fürsten zu Waldburg-Wolfegg. – Abb. 4: Bayerisches Nationalmuseum, München. – Abb. 5, 6, 8: nach M. Chiarini (Hrsg.), Palazzo Pitti. L‘ Arte e la Storia, Florenz 2000, S. 105, 106 – Abb.: 7 nach K. Lohse Belkin, Rubens, London 1998, S. 275 – Abb. 11: Verfasser. – Abb.: 12, 12a: nach Seipel, Luca Giordano (zit. Anm. 2), S. 195 – Abb. 13: Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut, Photothek – Abb. 14: nach T. Haberstatter (Hrsg.), Sünde, Süße Laster. Lässliche Moral in der bildenden Kunst Ausstellungskatalog, Salzburg, Residenzgalerie, 11.07.2008–02.11.2008, Salzburg 2008, S. 213.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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