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,hier wird einmal gutt ruhen seyn‘ 125
der symbolische Leib der Monarchen geschmie-
det werden konnte.84 Der Prunksarkophag zieht
in dieser einmaligen kombinatorischen Leistung
Molls die Synthese aus der Tradition habsburgi-
scher Grabplastik – und dies sowohl in typen-
mäßiger als auch in konzeptueller Hinsicht.85
Mit einer Sukzession von mehreren, aufeinander
bezogenen Ansichten wird eine neue Konzeption
von „Memoria“ an sich betreten, die sich in einer
bisher unbekannten Fülle szenisch-lebendigen Qualitäten öffnet und in vielschichtiger Weise
den weiten Weg vom irdischen Leben des Kai-
serpaares bis zur Überwindung des Todes in der
Auferstehung nachzeichnet. Der sich in den Re-
liefs und Eckfiguren manifestierende geschicht-
lich-dynastische Aspekt wird überhöht vom
heilsgeschichtlichen Anspruch, den die beiden
Liegefiguren in ihrem Glauben an die Aufer-
stehung des Fleisches zum Ausdruck bringen.
Der am Sarkophag bildlich kaum gegenwärtige
84 Die Reliefs an den Seiten des Sarkophags sind ebenso präzise durchgestaltet wie die Gewänder, welche die beiden
liegenden Herrscher gleichsam „investieren“. Ein zentrales Kennzeichen des in den Liegefiguren manifesten stär-
ker detailreich orientierten Modus ist eine – der druckgraphischen Produktion vergleichbare – kleinteilig-
dekorative Ausrichtung mit einer dezidierten Betonung der Oberflächengestaltung, wie sie generell für die
Kunst der Epoche Maria Theresias typisch ist und als Rückgriff auf stilistische Traditionen der „Rudolfinischen
Hofkunst“ interpretiert wurde (Katalog Donner (zit. Anm. 14), S. 478, vgl. Beelitz, Grabmal (zit. Anm. 6), S.
12–13, 74).
85 Es erscheint kaum denkbar, daß die Idee zu einer solch sensiblen Programmatik dem Bildhauer alleine überlassen
wurde. Dieser hatte wahrscheinlich bestimmte und vom Hof penibel vorgeschriebene Vorgaben umzusetzen. Einen
Hinweis auf das entsprechende Procedere bietet die Aktenlage zu der von Moll durchgeführten Ergänzung am Sar-
kophag Kaiser Karls VI. in der Kapuzinergruft (vgl. Anm. 18): Der archivalisch für dieses Werk nachweisbare Passus
[…] wegen Weyl. Ihro Kayl. Königl. Cathol. Maytt. Caroli VI. nach dem vorgezeugt und allergnädigst approbirten Modell
vollständig abgeändert und verbesserten Zinnernen Sarg […] (Fleischer, Material (zit. Anm. 10), S. 62–63, Nr. 101) ist
ein instruktiver Beleg für die Approbation von Sarkophagen.
23: Medaille zur Erinnerung am den Einzug Franz Stephans in Frankfurt 1745, in: Schau- und Denkmünzen, welche unter
der glorwürdigen Regierung der Kaiserinn Königinn Maria Theresia geprägt worden sind, Wien 1782, Nr. 54
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Band
- LIX
- Herausgeber
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Abmessungen
- 19.0 x 26.2 cm
- Seiten
- 280
- Schlagwörter
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur