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Kerstin
Merkel168
doner Kunsthandlung und Druckerei Thomas
Macklin.42 Macklins eigentlicher Ruhm basiert
auf zwei Großprojekten. 1787 beauftragte er
namhafte Maler, 100 Gemälde zu den berühm-
testen Werken der englischen Literatur zu schaf-
fen, die er dann als Druckgraphik als die „Poets
Gallery“ vertreiben wollte. Bis 1799 erschienen
sechs Folgen mit je vier Stichen. Sein zweites
Großprojekt war eine illustrierte Bibel, die erst
1800 nach seinem Tod erschien. Die Kunsthand-
lung Macklin hat im großen Stil hochwertige Sti-
che und Heliogravuren nach berühmten Werken
bis auf den Kontinent vertrieben, wobei die Blo-
ckade während der napoleonischen Kriege den
Engländer fast in den Ruin trieb. Der Kunsthan-
del blieb auch nach Macklins Tod bestehen, so
daß die englischen Graphiken auch erst ca. 1805
nach Wien gekommen sein können. Außerdem
ist es plausibel, daß Franz sie selbst ankaufen ließ, um seine Porträtsammlung damit auszubau-
en und die für ihn uninteressanten Genrebilder
an seine Kinder zum Ausmalen weitergab.
Dabei muß man sagen, daß „Ausmalen“ ein
recht abwertender Begriff ist. Das Kolorieren von
Graphiken wurde von entsprechenden Spezialis-
ten ausgeführt und wertete die Bilder nach dem
damaligen Geschmack auf. Gerade Marie Luise
und später auch Ferdinand entwickelten ein er-
hebliches Geschick, indem sie mit den Farbwir-
kungen verschieden dick aufgetragener Gouache-
oder Aquarellschichten variierten. Schon bei den
beiden Engeln zeigt Marie Luise, wie virtuos sie
mit deckenden, lasierenden und goldpunktierten
Flächen arbeitet. Am 3. Oktober 1806 datierte
Marie Luise eine Landschaft (Abb. 10), die sie am
folgenden Tag Franz I. zum Namenstag schenk-
te. Ein hoch aufragender Fels verdeckt die rechte
Hälfte des Bildes, links öffnet sich der Blick auf
10: Marie Luise, Landschaft mit Badenden,
Gouache (3. Oktober 1806) 11: Marie Luise, Frauenbildnis, Kreide auf braunem Papier
(11. Februar 1807)
42 Die Bilder sind meistens beschnitten oder so deckend mit einem „gemalten“ Passpartout, meist in rosa Farbe, verse-
hen, daß man nur selten die Herkunft der Graphiken feststellen kann, aber bei einigen ist die Herkunftsbezeichnung
deutlich zu lesen: London, Torre Pall Mall, Macklin Poets Gallery, Fleet Street. Thomas Macklin ist kaum erforscht.
Vgl. auch URL: http://www.bibliothek.uni-augsburg.de/ausstellungen/archiv_2005/macklin.html [20.04.2011].
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Band
- LIX
- Herausgeber
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch, englisch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Abmessungen
- 19.0 x 26.2 cm
- Seiten
- 280
- Schlagwörter
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur